Bei Gameloft, einem der Pioniere auf dem Sektor mobiler Spiele, produziert man lieber ein gutes 2D- als ein schlechtes 3D-Spiel. Doch wie sieht die Zukunft aus? Frank Magdans sprach für games.markt mit Geschäftsleiter Ulf Morys über Handygames, ihre Markenzeichen und neue Trends.

gm: Wie sehen Sie die Entwicklung der Handygames?

Ulf Morys: Momentan gibt es ein irrsinniges Tempo bei der Hardwareentwicklung. Vor anderthalb Jahren war ein winziges Schwarzweißdisplay mit sehr kleinen Applikationen State of the Art, jetzt haben wir schon Serie-60-Geräte mit Screengrößen, die fast an den Game Boy heranreichen, mit mittlerweile bis zu 65.000 Farben und einer Prozessorleistung, die der eines etwa acht Jahre alten PCs ebenbürtig ist.

gm: Wie viel Zeit beansprucht die Entwicklung eines Spiels?

Morys: Für ein gutes Spiel sind vier bis fünf Monate ein realistischer Zeitrahmen. Es kann schon sein, dass der Rohbau für ein Handy nach drei Monaten fertig ist, aber in diesem Markt kann niemand bestehen, wenn er sich lediglich auf ein Modell beschränkt. Eine sehr große Rolle spielen für uns die so genannten Portierungen, also das Anpassen an diverse Endgeräte.

gm: Wo gab es in der Vergangenheit Probleme?

Morys: Wir haben vor circa anderthalb Jahren sehr viele Titel für das M 50 von Siemens herausgebracht. Da es das erste Java-fähige Massenmarkthandy war, waren die Spiele nicht parallel zur Markteinführung des Modells online verfügbar, sondern erst, als die Neugierphase vorbei war. Dann haben wir auch zu sehr auf Java gesetzt und zu wenig auf Farbe. Gerade mit Farbe akzeptieren die Leute ihr Handy als Spielplattform.

gm: Sie haben auf der letzten GC - Games Convention gesagt, Bundles würden sich am meisten rentieren. Wie sieht das momentan aus?

Morys: Mittlerweile ist die installierte Basis derart hoch, dass schon die Downloads ausreichen. Gameloft hat im letzten Jahr monatlich weltweit zwischen einer halben und einer Million Downloads verbuchen können - die starken Schwankungen sind von saisonalen Bedingungen abhängig und den Aktionen, die man mit Netzbetreibern fährt. Ein großes Bundle mit etwa 200.000 Stück ist zwar immer noch attraktiv, stellt aber nur noch einen verhältnismäßig kleinen Anteil des Ganzen dar.

gm: Gameloft hat diverse Games für Nokias N-Gage auf den Markt gebracht. Wie wichtig ist es für Sie?

Morys: Wenn ein Marktführer wie Nokia mit so vielen Investitionen sein Produkt bewirbt, was einen Bewusstseinsschub für die Möglichkeiten des Mobile Gaming bei vielen Endkunden hervorgerufen hat, dann müssen wir einfach dabei sein. Letztendlich profitierte davon die ganze Branche. Nicht nur Gameloft.

gm: Nun haben aber sowohl Sony als auch Nintendo neue mobile Plattformen angekündigt. Was bewirken diese Ankündigungen?

Morys: Man muss einfach abwarten, was die Entwickler integrieren. Ich weiß nicht, ob Sony schon jetzt darüber nachdenkt, neben Bluetooth auch Wireless-LAN einzubauen, oder gar eine SIM-Karte. Nun wirft das wahrscheinlich sogar für Sony selbst organisatorische Probleme auf, denn allein in Verbindung mit Sony Ericsson muss die Basis abgestimmt werden. Ebenso bei uns: Da Gameloft und Ubisoft zur gleichen Gruppe gehören, können wir auch nicht einfach alles Mobile unter unsere Fittiche nehmen und munter für die PSP entwickeln. Das wirft also an allen Ecken und Enden neue Fragen auf, die überhaupt noch nicht geklärt sind. Unabhängig von dieser Entwicklung wird es weiterhin Java geben, zumal der Preis viel niedriger ist. Es macht schon einen großen Unterschied, ob ich einen Titel für vier oder für 40 Euro bekomme.

gm: Wie groß sehen Sie die Konkurrenz für Nintendos Game Boy?

Morys: Das Handy ist heute mehr Statussymbol als der Game Boy. Und wenn ich mir die Zielgruppe anschaue, dann sprechen viele Argumente für eine 2-in-1-Lösung, wenn es qualitativ keine gravierenden Unterschiede mehr gibt.

gm: Welche Trends sehen Sie für dieses Jahr?

Morys: Da wäre zunächst die Proliferation der Endgeräte: Die Stückzahl an Java-fähigen Endgeräten wird zunehmen, aber verteilt auf diverse Endgeräteversionen. Das ist eine besondere Herausforderung für die Entwickler von Handyspielen. Rein ökonomisch betrachtet mag es heute noch angehen, ausschließlich für Nokia zu entwickeln. Die Netzbetreiber favorisieren aber derzeit andere Endgerätehersteller. Es kommen also etwa Geräte von Sharp auf den Markt, die vor einem halben Jahr kaum jemand gekauft hätte. Die bislang in Europa wenig bekannten Marken können sich, neben der Unterstützung durch die Netzbetreiber, vor allem aus zwei Gründen gut behaupten: Die Interfaces sind benutzerfreundlicher, und die Farbdisplays haben eine hervorragende Qualität. Weil die Geräte jedoch technisch sehr unterschiedlich sind, ist es eine große Herausforderung, Spiele auf alle Varianten zu portieren. Ein weiterer Trend ist die aufkommende Interaktivität. Man denkt zwar zuerst an Ultima Online und Konsorten - aber die Anfänge werden durchaus bescheidener sein. Da denke ich an Spiele mit Chatelementen oder Highscore-Uploads. Auf jeden Fall wird Interaktivität ein wichtiger Faktor für die Entwicklung mobiler Spiele - auch wenn es am Anfang nur in kleinen Schritten vorangeht, wird Gameloft von Anfang an mit dabei sein.

gm: Werden nicht auch 3D-Spiele wichtiger?

Morys: Wir erwarten, dass Hersteller schon zur CeBIT neue Gerätetypen vorstellen, die 3D-Grafikkomponenten auf dem Chip haben. In Japan gibt es diese ja schon, und wir werden sie bestimmt auch noch in diesem Jahr in Europa sehen. UMTS hingegen wird sicherlich noch keine große Rolle spielen, da es für den Massenmarkt bislang nicht geeignet ist.

gm: Das klingt ja schon fast wie bei der LKW-Maut...

Morys: (lacht) Ja, so ähnlich. Interessant wird es allerdings in dem Moment, in dem die Netzbetreiber massiv Endgeräte einführen, was sie nur dann tun, wenn mit einer hohen Nachfrage durch Massenmarktkunden zu rechnen ist. Für uns als Spielehersteller ist UMTS relativ egal, weil die Performancesteigerungen schon auf heutigen Endgeräten phänomenal sind. Und was das Multiplayer-Gaming angeht, da hören wir eher die negative Nachricht, dass Latenzprobleme im UMTS-Netz ähnlich groß sind wie im GPRS-Netz. Wenn die Ping-Zeit auch im UMTS-Netz zunächst noch nicht für Realtime-Multiplayer-Gaming ausreicht, dann ist wieder die Kreativität der Spieleentwickler gefragt - es gibt in einem ersten Schritt sicher auch andere Genres/Spieledesigns, die zwar Multiplayer sind, jedoch ohne eine Realtime-Komponente auskommen, bei der es auf Millisekunden ankommt. Da muss man einfach mal abwarten, was die zweite Generation zu bieten hat. Von echtem "massively multiplayer online persistent cross platform gaming" - das Kürzel MMO-PXP-gaming lasse ich mir mal patentieren - sind wir sicherlich noch ein Stück entfernt.

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Game Studies Watchlist #48
Rudolf Thomas Inderst; Professor for Game Studies & Game Design (HNU); Founder & Host of the Podcast Channel "Game Studies" (New Books Network); Section Head "Digitalspielkultur" (TITEL kulturmagazin); Expert Advisory Board "Digitale Spiele" (DFJV) © Inderst

Game Studies Watchlist #48

By Team Gamesmarkt 3 min read
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