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Porträt

Alice Ruppert: Von der Blogging-Nische zur Creative Producerin

Mit ihrer Leidenschaft und Expertise für Pferde und Gaming ist Game Designerin Alice Ruppert von der Beraterin für Pferdespiele zu einer leitenden Position von "Horse Tales: Rette Emerald Valley!" bei Aesir Interactive aufgestiegen. Zu ihrem Antritt der Präsidentschaft der SGDA veröffentlichen wir das Porträt aus der GamesMarkt-Printausgabe 11/2022 online.

Pascal Wagner05.07.2023 09:18
Alice Ruppert: Von der Blogging-Nische zur Creative Producerin

Mit Werbespielen auf dem soundkartenlosen Windows-95-Rechner ihres Vaters fing Alice Ruppert zusammen mit ihrer Schwester an, zu spielen — das war genug, um ihr Interesse an Games zu wecken und später Klassiker wie Die Sims und Tomb Raider IV lieben zu lernen. Nach der Schule nahm sie an einem Schnupperstudium der Frauenförderung für Informatik an der ETH Zürich teil und entdeckte das Programmieren für sich. Bevor sie sich final für eine Fachrichtung entschied, kam 2011 ein Glücksgriff in Sachen Praktikum hinzu: Bei der mittlerweile geschlossenen Schweizer Außenstelle Ubisoft Zürich. "Eine Blindbewerbung zur richtigen Zeit und ich durfte dort bei HR und Office Management aushelfen und dazu etwas Gamedev-Luft schnuppern", so Ruppert. Direkt im Anschluss begann sie ihr Studium Game Design an der Zürcher Hochschule der Künste. Dabei sah sie sich schnell in der Rolle der Generalistin, die von allem ein wenig versteht, eine Ausrichtung, die ihr in ihren späteren Rollen als Producerin zugutekommen sollte.

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"Bring deine Identität, deine weirden Hobbies, deine ultra­-spezifischen Interessen und deine eigene Persönlichkeit mit rein und die ganze Branche wird früher oder später dadurch bereichert sein."

Nach dem Abschluss 2015 fand Ruppert schließlich eine Stelle beim Zürcher Cloud-Hybrid-Unternehmen AirConsole, wo sie sechs Jahre lang als Head of Games tätig war. "Dort war ich quasi Executive Producer für alle Spiele, die extern produziert wurden. Ich hatte mehrere Projekte gleichzeitig, die einzelnen Teams und Budgets waren aber deutlich kleiner."

Währenddessen nahm ein Hobby Rupperts in Form eines Blogs Gestalt an: Auf The Mane Quest besprach sie Pferde in Spielen. "Im Herbst 2018 fing ich an, die Seite The Mane Quest zu betreiben, nachdem ich via Twitter merkte, dass meine Pferdespiel-Kommentare ganz guten Anklang fanden — und dass ich nicht die einzige Person war, mit einer Liebe für Videospiele und Pferde." Ihre Artikel brachten sie mit dem ehemaligen CEO von Aesir Interactive aus München, Wolfgang Emmer, zusammen, denn Rupperts Urteil über Aesirs Spielereihe Ostwind fiel nicht unkritisch aus. Über Emmer erfuhr Ruppert von einem Projekt bei Aesir, das "Horse Tales: Rette Emerald Valley!" werden sollte. Als sie schließlich ihre Kündigung bei AirConsole online bekannt gab, traten Aesir mit ihr in Kontakt und boten ihr eine Stelle als Beraterin bei besagtem Titel an. Nur wenige Monate später trat sie dem Team als Creative Producerin bei. "Ich bin damit Producer, Project Owner und Creative Director in einem. Das bedeutet, ich übernehme sehr viel Organisation und Verantwortung", erklärt Ruppert die kombinierte Position. "Mein Alltag ist geprägt von Projektmanagement und Planung, Priorisierung und Ressourceneinteilung, sowie der Kommunikation zwischen Team und dem Publisher Microids. Wenn es um neue Projektideen geht, werde ich als 'Chef für Pferde­spiele' auch miteinbezogen, was natürlich sehr viel Spaß macht." Die hartnäckige Überzeugung, dass Pferdespiele für Kinder oder gar nur für Mädchen seien, stört Ruppert. Es ist für sie der Grund, warum "noch niemand Geld in die Hand nimmt, um diesem Publikum mal richtig was zu bieten, was die Mikronische der Kinder-Pferdespiele verlässt und auch für das etwas breitere Gamingpublikum interessant wird. Einen ersten Erfolg in diesem Bereich erhoffe ich mir natürlich mit 'Horse Tales: Rette Emerald Valley!'". Auf Vorurteile von Spieler:innen stößt man laut Ruppert vor allem in Kommentarspalten, im persönlichen Kontakt jedoch kaum. "Da bin ich mittlerweile so immun, dass ich das einfach mit meiner ernst gemeinten Leidenschaft für das Thema überrolle", schmunzelt sie. Seit Juli 2023 ist sie außerdem Präsidentin der Swiss Game Developers Association SGDA.

Für Einsteiger:innen in die Gamingbranche hat Ruppert vor allem einen Tipp: Lernen, Projekte zu Ende zu bringen, und dafür lieber kleine Spiele fertig machen als große anzufangen. "Von Anfang gleich zu viel zu wollen und zu groß zu denken ruiniert meiner Erfahrung nach viele Projekte und viele begeisterte Neulinge." Sie selbst hat ihren Traumjob über eine hyper-spezifische Nische gefunden, die ansonsten quasi nicht besetzt war. Das könne sicher nicht jede:r realisieren, doch "ich denke, ich kann das in einen generellen Ratschlag drehen, indem ich sage: Pass dich nicht der Gamesindustrie an. Werde Teil der Games-industrie auf deine Art und Weise, bis du die Branche zwingst dich mit einzuschließen. Bring deine Identität, deine weirden Hobbies, deine ultraspezifischen Interessen und deine eigene Persönlichkeit mit rein und die ganze Branche wird früher oder später dadurch bereichert sein."

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