Mit game:in starten sieben engagierte Mitarbeiter:innen der deutschen Gamesbranche eine Initiative, die gegen Sexismus und zugleich für alle Frauen in der Branche einstehen will. Ideen gibt es viele, eine Speaker:innen-Datenbank sowie ein Manifest gegen Sexismus und für gemeinsame Werte bilden nur den Anfang.

Toxische Arbeitsbedingungen bei Bungie Software, Machtmissbrauch bei den kanadischen Ubisoft Studios, klagende kalifornische Behörden bei Activision Blizzard - geht es um Belästigung, Sexismus und Diskriminierung blickt man oft in die USA beziehungsweise Nordamerika. Dass wie im Fall der Nordic Game in europäischem Kontext Belästigungs- und Sexismusvorwürfe öffentlich werden, ist eine Seltenheit. Doch das heißt nicht, dass es Sexismus in der europäischen, selbst in der deutschen Gamesbranche nicht gibt. Und spricht man von Gleichberechtigung wird wohl niemand ernsthaft behaupten, dass Deutschland auch nur ansatzweise am Ziel angekommen ist.

Dass sehen auch sieben Mitarbeiter:innen der deutschen Gamesbranche so, darunter Sophia Henning, Lena Laaser und Leonie Wolf. Sie wollen etwas ändern und zwar jetzt. Gemeinsam gründeten sie die Initiative game:in. "Wir selbst und viele Frauen in unserem Umfeld, die ebenfalls der Gamesbranche zugehörig sind, begegnen Sexismus noch viel zu oft innerhalb der deutschen Industrie. Ein jüngstes Beispiel, auch wenn es uns nicht direkt selbst betrifft, war die Verleihung des DCP 2022", erklären die Initiator:innen von game:in gemeinschaftlich in einem Interview gegenüber GamesMarkt. Gemeinschaftlich, weil sie bewusst als Gruppe auftreten wollen, die geschlossen hinter der Initiative und dem gesagten steht.

Gerade bei Events wie dem DCP zeige sich, das viel von der gesagten Diversität in der Gamesbranche heiße Luft sei. Beispielsweise werde noch immer nicht sprachlich gegendert, es werde versucht weibliche Moderatorinnen mit Gamer-Fragen aufs Glatteis zu führen und die Preise noch immer von fast ausschließlich weißen Männern entgegengenommen. "Es ist schade zu sehen, dass bei diesen öffentlichen Events, die ja eigentlich einen Querschnitt der Branche zeigen könnten, klar wird, dass wir doch noch einige Meter vor uns haben. Dem zugrunde liegt unserer Meinung eine Problematik, die vielen Frauen und Minderheiten in der Gamesbranche nur allzu bekannt ist: die systematische Ungleichbehandlung in der Arbeitswelt", sagen die game:in-Initiator:innen gegenüber GamesMarkt.

Tatsächlich war ein Gespräch einiger der Initiator:innen, was beim DCP 2022 alles hätte besser gemacht werden können, der Anstoss, der die Gründung der Initiative game:in ins Rollen brachte. Schnell sei das erste offizielle Meeting einberufen worden. Dort notierten sich die Initiator:innen was sie eigentlich erreichen wollten und wie. Kurz darauf seien auch die anderen game:in-Organisator:innen kontaktiert worden, ob sie sich ebenfalls für die Sache begeistern ließen und Teil des Kernteams sein möchten. "Gemeinsam haben wir immer weiter an unserer Vision und Zielsetzung gearbeitet, was wir zusammen bewegen wollen", erklären sie rückblickend.

Und was genau will game:in? Grundsätzlich geht es den Initiator:innen darum, Aufmerksamkeit für das Thema Sexismus in Deutschland zu schaffen. "Wir hören immer nur die Geschichten aus Amerika oder den großen Studios, aber niemand spricht öffentlich darüber, dass solche Dinge auch in Deutschland passieren, auch in kleinen Betrieben", so game:in. "Das liegt zum Teil auch an der vergleichsweise kleinen Branche in Deutschland und der damit verbundenen Angst, sich den eigenen Karriereweg zu versperren, wenn man öffentlich darüber redet." Genau hier will game:in eintreten und die Lage ändern. Kollektiv wolle man nicht nur für Opfer, sondern für Frauen in der Branche allgemein einstehen. "Wir möchten uns aber nicht nur mit den negativen Dingen beschäftigen, sondern gleichzeitig auch Lösungsansätze bieten und zeigen, wie es besser geht. Hier bauen wir nach und nach auf - unsere Ideenliste ist lang", sagen die Gründer:innen von game:in.

Zwei dieser Ideen sind bereits ganz konkret. So hat game:in ein Manifest erarbeitet, das von Unternehmen unterzeichnet werden kann, die sich damit gegen Sexismus und für gemeinsame Werte positionieren wollen. Bereits vor dem Start habe man verschiedene Unternehmen für die Sache gewinnen können, was game:in verhilft, von Beginn an breit aufgestellt zu sein. Natürlich hoffen die Initiator:innen auf baldigen Zuwachs an unterzeichnenden Firmen, die sich per Formular bei game:in melden können. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass die Unterzeichnung des Manifests keine reine Willenserklärung oder PR-Masche ist. "Bevor wir das Manifest unterzeichnen lassen, prüfen wir alle Unternehmen vorab, ob sie unseren Werten auch wirklich entsprechen und diese teilen. Dafür reden wir nicht nur mit Geschäftsführenden, sondern auch mit Mitarbeitenden", stellt game:in klar.

"Eine weitere Maßnahme, mit der wir direkt an den Start gehen ist unsere Speaker:innen-Datenbank. Spätestens jetzt sollte die Ausrede nicht mehr ziehen, dass man keine weiblichen bzw. diversen Speaker:innen für Panels, Konferenzprogramme o.ä. finden konnte", erklären die Initiator:innen. Für die nahe Zukunft erhoffen sie sich jetzt eine möglichst breite Unterstützung, in dem Firmen das Manifest unterzeichnen, oder indem die Angebote wie die Speaker:innen-Datenbank genutzt wird. "Menschen, die uns unterstützen möchten können sich gerne einfach via Email oder über einen der anderen Kanäle bei uns melden. Die einfachste Form der Unterstützung ist das Teilen unserer Initiative, das Beitreten unseres Discord Servers und wenn Firmen unser Manifest unterschreiben möchten", so game:in. "Wir sind eine non-profit Organisation und machen dieses Projekt freiwillig neben unserer Arbeit und anderen Verpflichtungen. Daher brauchen wir langfristig konkrete Unterstützung, zum Beispiel beim Thema Beratung und Rechtsbeistand. Zukünftig wird es ggf. auch andere Anlässe geben, bei denen wir auch finanzielle Hilfe benötigen werden, in Form von Sponsorings für Networking-Events und weitere Aktivitäten/ Maßnahmen."

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuelle GamesMarkt, die Sie ab Mittwoch auf der gamescom an der Meeting-Säule von GamesMarkt in Halle 4.1 D57 und bei Partnerständen abholen können. Mehr Informationen und Kontakt zur Initiative game:in finden und erhalten sie unter der Website gamein.fyi.

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Stephan Steininger
Stephan is Editor in Chief
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