Analoge Rückkehr aus der Pandemie, Förderdebatten, Kriegsauswirkungen und Konsolidierungen: 2022 war ein bewegtes Jahr für die Gamingindustrie. Den in GamesMarkt 01/2023 veröffentlichten großen GamesMarkt-Jahresrückblick machen wir über den Verlauf der ersten Januarwoche online öffentlich zugänglich, diesmal mit der Gamesförderung in Deutschland.

Die Förderung der Gamesbranche war in diesem Jahr auf allen Verwaltungsebenen Topthema, von einzelnen Bundesländern bis hinauf zur EU. Der prominenteste Showdown lief jedoch auf Bundesebene ab, als das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ankündigte, keine Anträge mehr für geförderte Projekte in 2022 oder 2023 anzunehmen. Der Topf sei verplant, 80 Millionen schütte das Ministerium 2023 bereits an Förderung aus, Überhangbudgets aus vorherigen Jahren miteingerechnet. Die Fassungslosigkeit war groß, obwohl zur gamescom bereits entsprechendes angedeutet wurde, wenn auch zu diplomatisch: In seiner digitalen Eröffnungsrede beschied Minister Habeck der Förderung eine dramatische Zunahme. Gleichzeitig lamentierte er auch die "sowieso-Mitnahmeeffekte", also die Sicherheit vieler Unternehmen, die Förderung ohnehin zu erhalten. Genau diese Unternehmen standen nun vor der Gefahr, ohne Geld dazustehen. Entsprechend geschlossen stellte sich die deutsche Unternehmenslandschaft hinter Forderungen des game, die Förderung mit sofortiger Wirkung zu erhöhen, am besten gar zu verdoppeln. Viele Poli­tiker:innen schlossen sich den Forderungen der Branche an und riefen nach höheren Förderbudgets, einem besseren Antragsverfahren und zusätzlichen Fördermethoden wie Steuererleichterungen. Der Rückhalt zeigte Wirkung: Im Bereinigungsausschuss für den Bundeshaushalt 2023 konnte das Ministerium 20 Millionen Euro mehr für den Fördertopf erreichen, zusätzlich 24 Millionen für Überhänge in die nächsten Jahre. Damit können Games 2023 mit 94 Millionen Euro gefördert werden, auch über mehrere Jahre hinweg, von denen 70 Millionen Euro 2023 ausgeschüttet werden müssen. Zudem sieht das Bundesministerium einen Bedarf zur Überarbeitung der Förderrichtlinien, um besagte "Mitnahmeeffekte" zu reduzieren. Ob das langfristig das Spannungs­verhältnis zwischen Förderbedürftigkeit und Förderabhängigkeit auflösen kann, das derzeit besteht, wird sich in der Zukunft zeigen. Pünktlich zum Jahreswechsel löst das BMWK zu­mindest den Antragsstopp, ab dann können Anträge eingereicht werden.

Auch die Bundesländer sahen 2022 einen erhöhten Bedarf, über Förderung zu sprechen, teilweise angetrieben vom Antragsstopp des BMWK. NRWs Medienminister Nathanael Liminski nutzte den Schwung, um den Aufbau eines 500.000 Euro starken Fördertopfs für Serious Games an­zukündigen, und das immerhin nur wenige Monate, nachdem NRW-Ministerpräsident Wüst zu Beginn der games­com eine Erhöhung des regulären Fördertopfes verkündet hatte.

Die neue rot-grüne Regierung Niedersachsens legte nur zwei Tage nach der Hiobsbotschaft des BMWKs den neuen Koalitionsvertrag vor. Niedersachsen will demnach in der neuen Legislaturperiode einen eigenen Fördertopf für Games prüfen, sodass diese nicht mehr aus dem generellen Medientopf der nordmedia schöpfen müssen.

Berlins Chef der Senatskanzlei nutzte die gamescom, um eine Erhöhung der eigenen Förderung um eine satte Million Euro zu verkünden. Das Medienboard Berlin-Brandenburg hatte erst einen Monat zuvor eine eigene Förderrichtlinie für Games beschlossen. In Rheinland-Pfalz begann dieses Jahr der operative Betrieb der Medien­förderung RLP: In zwei Förderrunden wurden dort 2022 die ersten Spiele­unternehmen gefördert. Andere Bundesländer zeigten sich bedeckter oder stießen in diesem Jahr an die Grenzen ihrer derzeitigen Strukturen. Die knapp 400.000 Euro Förderung der Gamecity Hamburg waren bereits mit der ersten Sitzung im Mai ausgeschöpft, möglicherweise auch, um Druck auf die Landespolitik auszuüben, bei der Förderung nachzubessern. Auch Bayern bekleckerte sich in diesem Jahr nicht mit Ruhm: Zwar fördert der Freistaat mit zwei Millionen Euro für Games und 1,5 Millionen Euro für XR-Projekte nicht wenig, Digitalministerin Gerlach nutzte die Aufmerksamkeitswelle in der För­derung jedoch nicht für weitere Erhöhungen, sondern nur für Kritik am Bund. Eine Diskrepanz, die ebenfalls der Branche nicht verschlossen blieb, wie etwa der Verband der bayerischen Spielestudios Games Bavaria Munich monierte.

Trotz der durchaus positiven Stoßrichtung in Bund- und Landespolitik ist Deutschland im europäischen Raum bei der Förderung allerdings nicht das Maß aller Dinge. Was Steuererleichterungen für Studios angeht, ist Frankreich bereits bedeutend weiter und will das auch bleiben: Die französische Regierung beschloss in diesem Jahr, die Steuervorteile bis 2028 zu verlängern. Erst im November beschloss auch Irland ein ähn­liches System an Steuererleichterungen, hier können Gamesunternehmen bis zu 25 Millionen Euro an Steuern sparen. Es ist gut möglich, dass 2022 im Rückblick als das Startjahr eines europaweiten Gamesbewusstsein gelten könnte, denn auch das EU-Parlament schaltete sich in diesem Jahr in das Thema ein. Mit überwältigender Mehrheit forderte es die EU-Kommission auf, einen Plan für eine gemeinsame europäische Gamingstrategie und eine effektive europaweite För­derung vorzulegen. Das bedingt kein Gesetz, sorgt aber dafür, dass die Kommission sich dem Thema annimmt, die wiederum einen bindenden Gesetzesentwurf einreichen kann. Die EU fördert über das Programm Crea­tive Europe Media bereits jetzt Gamesprojekte mit sechs Millionen Euro jährlich plus weiteren möglichen Beträgen aus dem Förderetat von Horizont Europa. Eine konsolidierte Strategie, die die EU auf Augenhöhe mit Großbritannien, den USA und Kanada als Produktionsstandort für Games bringen soll, könnte diese Beträge in Zukunft deutlich erhöhen.

Pascal Wagner & Marcel Kleffmann

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