Oculus Rift - der Preis ist heiß. Zu heiß?
Seit Tagen wird heftig über den Startpreis von Oculus Rift diskuiert. Unabhängig davon, ob man den Preis für gerechtfertigt hält, muss eines klar sein: Mit dem Massenmarkt wird es so 2016 nichts für die VR-Brille. Ein Kommentar von GamesMarkt-Redakteur Daniel Raumer.
Am 7. Januar legte Oculus VR seine Karten auf den Tisch: Ab Ende März verkauft das kalifornische Start-up, das vor einigen Jahren einen neuen Hype um Virtual Reality lostrat, die finale Version von Oculus Rift. Wie angekündigt, bleibt es somit beim ersten Quartal. Für deutlich mehr Diskussionen sorgte indes der Preispunkt, um den im Vorfeld stets ein großes Geheimnis gemacht worden war: 599 US-Dollar. Wer in Euro zahlt, muss gar 699 Euro auf den Tisch legen. Alle Preise zuzüglich Steuern, Porto und Versandkosten versteht sich.
Seit der Ankündigung wird jetzt hitzig diskutiert, ob dieser Preis zu hoch sei. Gerade weil sich die Kalifornier mit der Milliardenkonzernmutter Facebook im Rücken einen aggressiven Marktstart mit subventionierter Hardware hätten leisten können.
Aus Verbrauchersicht steht seit letzter Woche jedenfalls fest: Es wird ein teurer Spaß, wenn man zu den Early-Adoptern der Oculus Rift zu gehören will. Das ist ein Problem, wenn die Macher den Massenmarkt erreichen wollen. Aber das müssen sie, wenn die VR-Brille ein dauerhafter Erfolg werden soll.
Dass es genug technikbegeisterte Pioniere gibt, die auch zu diesem Preis so schnell wie möglich ihre Hände an das Gerät bekommen wollen, daran gibt es keinen Zweifel. Binnen Stunden verschob sich das geschätzte Lieferdatum im Online-Shop um Monate nach hinten, steht aktuell auf Juni 2016. Die Produktionschargen für die ersten ein bis zwei Monate sind demnach schon vergriffen.
Die Frage ist aber, was danach kommt. Und da erscheint es mir mehr als unwahrscheinlich, dass viele Endkunden zu diesem Preis zugreifen. Zum Vergleich: Für das gleiche Geld könnte man sich auch eine PlayStation 4 und eine Xbox One kaufen. Oculus Rift stünde vor einer ähnlichen Situation wie neue Konsolen bei ihrem Launch: Die Kunden halten angesichts des hohen Preises und der geringen Auswahl an Software mit dem Kauf zurück. Die Industrie scheut das Risiko und wartet mit aufwändiger Softwareentwicklung zunächst, bis die Hardwareverbreitung ein Niveau erreicht, dass sich Produktionen potenziell profitabel vermarkten lassen. Die Folge: Der junge Markt kommt noch richtig in die Gänge, da beide Parteien warten, dass die andere Seite den ersten Schritt macht.
Zugegeben, in einem Punkt unterscheidet sich die Oculus Rift von neuen Konsolen. Sie ist eher eine Erweiterung einer bestehenden Plattform. Games, die ohnehin für den PC entwickelt werden, könnten mit ein wenig Aufwand auch mit der Brille kompatibel gemacht werden. Somit würde der Brille dann aber irgendwie der USP fehlen, die "Killer App", die es eben nur und exklusiv auf der Rift gibt. Zumal der Beweis noch aussteht, ob Spiele, die lediglich für VR angepasst wurden, wirklich dauerhaft Spaß machen.
Gern gebrachtes Argument in der Preisdebatte ist auch: Viele Menschen kaufen sich auch bereitwillig alle zwei Jahre Smartphones für 500 bis 1000 Euro. Allerdings legt kaum jemand diesen Betrag auch auf den Tisch, sondern bekommt ein vom Netzbetreiber subventioniertes Gerät, das dann über die Laufzeit im Vertrag mit abbezahlt wird. Außerdem haben Smartphones mittlerweile zigtausend Apps und Anwendungsbereiche, die jeder Smartphone-Käufer im Kopf hat. Noch dazu zählen die Geräte natürlich auch als Statussymbol. Eine klobige VR-Brille für den Heimgebrauch muss indes ihre Anwendungsfelder noch zeigen und taugt auch nur bedingt zum Prestigeobjekt.
Somit taugt Oculus Rift in diesem Jahr wohl nur zum teuren Spielzeug für Geeks. Den wirklichen Durchbruch der VR-Technologie auf breiter Basis haben die Macher sehenden Auges auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Übrigens hat weder Sony für PlayStation VR, noch HTC für Vive bisher einen Preis genannt. Vielleicht wohlweislich, da beide in ähnlichen Gefilden landen werden.
Das große Jahr von Virtual Reality wurde somit wohl auf 2017 verschoben.
Daniel Raumer