In-Game-Advertising: Kampf dem werblichen Blindflug
Werbung in Spielen ist en vogue. Ein Großteil der Advertiser will die Budgets erhöhen. Allerdings nimmt Ingame-Advertising bei vielen Marken immernoch eine Sonderrolle ein, die losgelöst vom restlichen Marketing agiert. Das liegt daran, dass man In-Game-Advertising immer noch nicht gut genug messen kann, meint Patrick Stoltze, Country Manager, CEE bei Integral Ad Science.
Ein Gastbeitrag von Patrick Stoltze
Gaming boomt, nicht erst seit Corona. Weltweit gibt es, sage und schreibe, drei Milliarden Gamer, in Deutschland spielen inzwischen rund sechs von zehn Konsument:innen. Gemeinsam haben die Spieler:innen vor allem eines: Sie gehören zu großen Teilen einer jüngeren Zielgruppe an, die über herkömmliche Werbung nur noch schwer zu erreichen ist. Und genau das macht In-Game-Advertising für Marketer so wahnsinnig attraktiv.
Die Umsetzung ist jedoch nicht ohne Herausforderungen: Die Implementierung von Targeting-, Sicherheits- und Messlösungen hat in der In-Game-Werbung keineswegs mit den schnellen Innovationen in diesem Bereich Schritt gehalten. Dadurch ist es für Advertiser heute deutlich schwieriger herauszufinden, auf welche KPIs oder Ziele sie sich konzentrieren sollten, um den größtmöglichen ROI zu generieren. Hinzu kommen die grundsätzlichen Bedenken vieler Marken, ihre ohnehin knapp gewordenen Marketingbudgets in neue Werbeumfelder zu investieren, ohne ausreichende Belege zu erhalten, dass die ausgespielte Werbung auch wirklich wirkt.
Schon hier wird klar: Was das In-Game-Adverting dringend braucht, ist mehr Transparenz und einen gesicherten Zugang zu validen Messverfahren.
Nahezu jeder fünfte Mediaexperte plant laut einer aktuellen Studie, der Werbung in Videospielumgebungen im nächsten Jahr Priorität einzuräumen. Knapp ein Drittel wird, einer weiteren Umfrage zufolge, das Budget für In-Game-Advertising weiter erhöhen. Und trotzdem drohen Kinderkrankheiten dieses kometenhafte Wachstum auszubremsen.
So stellte z. B. Brent Koning, Global Gaming Lead bei Dentsu, Ende letzten Jahres in einem Gespräch mit Digiday fest, dass die Gaming-Strategien der Advertiser noch immer nicht in ihre übergeordneten Marketingplanungen integriert sind. Erst wenn dieses Problem gelöst wird, so Koning, wird die „Authentizität“ von Marken in den Vordergrund rücken.
Konings Beobachtungen sprechen für den Mangel an Klarheit und Transparenz bei der In-Game-Werbung. Ein Problem, das durch die grundsätzlichen Bedenken der Marken hinsichtlich der Gaming-Inhalte als Werbeumfeld zusätzlich verstärkt wird und den Ruf nach effizienten Messlösungen immer lauter werden lässt.
Die Verifizierung im Bereich der In-Game-Werbung gehört nach wie vor zu den großen Herausforderungen der Branche. Mit Blick auf das dynamische und stark fragmentierte Feld aus unterschiedlichen Gerätetypen, SpieleentwicklerInnen und Plattformen, gestalten sich die Messmöglichkeiten bei In-Game-Umgebungen als äußerst schwierig. Erst die Zusammenarbeit zwischen Messunternehmen, Werbeplattformen und SpieleentwicklerInnen öffnet zunehmend neue Horizonte. So werden z.B. die Messlösungen für mobile und 3D-Spielumgebungen immer ausgefeilter. Schon heute liefern sie detaillierte Angaben zu den erreichten Impressionen, der Viewability und wie lange die Werbung zu sehen ist. Bei Anwendung aller aktuellen MRC-Standards bieten diese Technologien somit deutlich mehr Transparenz im In-Game-Advertising. Gleichzeitig versetzen sie Marken direkt in die Lage, die Wirkung ihrer Werbung zu überprüfen und das Engagement zu maximieren.

Was diese Technologien nicht lösen können, sind die Bedenken der Marken, mit ihrer Werbung in unpassenden Gaming-Umgebungen zu erscheinen. Denn insgesamt stehen Spiele in einem schlechten Ruf, Inhalte für Erwachsene, Drogen und Gewalt zu enthalten, mit denen Marken nicht in Verbindung gebracht werden wollen. Als Lösung für diese Herausforderung rücken fortschrittliche Objektanalyselösungen zunehmend in den Fokus, die kontextsensitive Avoidence und Contextual Targeting in 3D-Spielumgebungen ermöglichen. Das Problem bei der Sache: Live-Markensicherheit ist in Spiel-Umgebungen aufgrund der IT-Kosten, die mit der Echtzeit-Überwachung, -Klassifizierung und -Blockierung der unzähligen Spiele verbunden sind, oftmals eine recht kostspielige Angelegenheit. Eine weniger kostenintensive, eher statische Alternative bietet der Einsatz öffentlicher Daten (ähnlich wie Metadaten in Online- und Videoumgebungen), die Inhalte „offline“ auf eine GARM-ähnliche (Global Alliance for Responsible Media) Weise katalogisieren. Doch die Nachfrage nach Live-Markensicherheit wächst, um Veränderungen im Spielverlauf jederzeit mit Blick auf die Markensicherheit überwachen zu können.
Eine weitere Herausforderung angesichts der wachsenden In-Game-Advertising-Budgets: Wo Werbespendings fließen, ist Ad Fraud meist nicht weit. Betrüger:innen folgen immer dem Geld. Und so müssen Publisher und Spieleplattformen ihr Inventar zunehmend vor betrügerischen Bots und Invalid Traffic schützen. Generell ist jedes wachsende Umfeld anfällig für Ad Fraud. Ein fragmentiertes Ökosystem ohne formale Verantwortung und hohe CPMs, wie der In-Game-Advertising-Bereich, ist für Betrüger:innen noch attraktiver. Die gute Nachricht: Auch hier gibt es bereits erste technologische Lösungen, die die Bewegungen der Nutzer:innen während des Spiels verfolgen. Ziel ist es, auf diese Weise festzustellen können, ob das Game wirklich gespielt wird oder nicht, um so zwischen normalem Spielverhalten und Bots unterscheiden zu können.
In-Game-Werbung bietet Advertisern zweifellos jede Menge Potenziale: die Ansprache von jungen, ansonsten eher schwer zugänglichen Zielgruppen, eine hohe Markenbindung und aktuell noch einen relativ geringen Wettbewerb, der es einfacher macht, dass die Werbung auch wirklich gesehen wird. Dennoch sollten Advertiser nicht im Blindflug handeln, sondern vorher genau überprüfen, in welche Spielumgebungen sie investieren wollen. Valide Messmöglichkeiten und die Markensicherheit sollten Voraussetzung sein, bevor In-Game-Werbung geschaltet wird.
Werden die Messungen auf den Gaming-Plattformen richtig durchgeführt, ergeben sich gleichzeitig völlig neue Werbemöglichkeiten: Anzeigen können beispielsweise in markensicheren und geeigneten Umgebungen auf der Grundlage des Spielkontextes optimiert, die Sichtbarkeit auf granularer Ebene für jede Anzeige und ihre Verweildauer auf dem Bildschirm optimiert und betrügerische Impressions oder solche, die während des Spiels unbeachtet bleiben, entdeckt und effizient vermieden werden. Und darum muss es gehen, wenn Advertiser mit ihrer In-Game-Werbung erfolgreich sein wollen!