Studie: 87 Prozent aller Videospiele dauerhaft nicht mehr erhältlich
Eine empirische Studie der Video Game History Foundation und des Games Preservation Networks zeigt, dass gerade einmal 13 Prozent aller Videospiele heute legal zu bekommen sind. Die Studie argumentiert deutlich für mehr Games-Lizenzrechte für Bibliotheken in den USA und soll Branche und Politik im Vorfeld neuer Copyright-Verhandlungen sensibilisieren.
Die Video Game History Foundation und das Software Preservation Network, beide in den USA situiert, haben gestern gemeinsam die erste Studie zur Verfügbarkeit von Videospielen über die gesamte Geschichte des Mediums veröffentlicht. Sie untersuchen darin, welche Videospiele zum Stichtag 15. April 2023 noch legal erhältlich sind. Laut Angaben der Studie werden darin alle jemals in den USA veröffentlichten Computerspiele in Betracht gezogen, beginnend in den 1960er Jahren.
Im Hinblick auf die aktuelle Verfügbarkeit von älteren Videospielen kommt die Studie zu einem vernichtenden Ergebnis: Im Schnitt sind gerade einmal 13 Prozent aller Retro-Spiele, definiert als Titel, die nicht nativ auf aktuellen Konsolen oder Betriebssystemen erschienen sind, aktuell spielbar und legal erschlossen. 87 Prozent können gar nicht oder nur auf illegalen Wegen gespielt werden. Keine der betrachteten zeitlichen Gruppierungen, die mit 1960-1964 beginnt und mit 2005-2009 aufhört, kommt über eine Grenze von 20 Prozent verfügbarer Klassiker.
Remasterversionen, die wenig an den grundlegenden Spielmechaniken verändern oder gar nur grafische Details adaptieren, werden in der Studie als verfügbare Version anerkannt. Remakes hingegen, die Thema und Grundsetting eines Spiels neu interpretieren, gelten als neues Spiel in der Studie: Die Grundversion des Titels kann trotz eines erhältlichen Remakes als nicht zugänglich gelten. Als Beispiel gibt die Studie das erste "Yakuza" an, das außer als Second-Hand-Version für die PlayStation 2 nicht zu bekommen ist, obwohl mit "Yakuza Kiwami" ein Remake erhältlich ist, das jedoch Gameplay und Inszenierung komplett verändert. Zu den Erläuterungen der Studienmethodik geht es hier.
Die Studie erläutert zudem die Beschränkungen von Archiven und Bibliotheken unter US-Recht: Diese dürfen zwar digitale Medien wie Videospiele archivieren, aber nicht verbreiten, und haben keine ähnlichen Zugangsrechte wie bei Buchmedien, die ihnen zur Verfügung gestellt werden müssen. Das Appell der Studie ist deutlich: "Let libraries do their job", lasst Bibliotheken ihre Arbeit machen, richten sich Video Game History Foundation und das Software Preservation Network darin direkt an Gamespublisher und -entwickler. Die Studie ist bewusst im Vorfeld des 2024 in den USA in Abstimmung kommenden Digital Millennium Copyright Act (DMCA), Title 17, section 1201 des United States Code veröffentlicht worden, eine Diskussion in der Branche und der Legislative anzustoßen.