Mit einem starken Line-up im Gepäck will Activision in dieser Weihnachtssaison Platz zwei hinter Electronic Arts erreichen. games.markt sprach mit Activision-Deutschland-Chef Andreas Stock über den Wettstreit um die Handelsflächen, den aussterbenden Facheinzelhandel und über Fehler der Händler bei der Präsentation von Topsellern.

Bis zur GC - Games Convention verlief der Handel mit Unterhaltungssoftware nur schleppend. In Leipzig verspürte man einen deutlichen Motivationsruck, der durch die ganze Branche ging. Wie wird das Herbst- und Weihnachtsgeschäft Ihrer Meinung nach verlaufen?

Sehr positiv. Die GC war der erste Aufhänger. Die Kampagne von Saturn wird sicherlich ebenfalls für Aufregung sorgen. Einen weiteren Push erhält der Markt durch die Einführung von N-Gage und die Preissenkung für den GameCube. Hinzu kommen die verschiedenen Kino- und TV-Kampagnen, die alle Publisher und insbesondere Activision starten werden. All diese Komponenten sprechen für ein sehr erfolgreiches Weihnachtsgeschäft.

Wie wird Activision denn dabei abschneiden?

Wir werden das beste Weihnachtsgeschäft in unserer Firmengeschichte haben. Aufgrund der Quantität und Qualität unserer Spiele bin ich fest davon überzeugt, dass wir Platz zwei der Media Control-Gesamtmarktauswertung erreichen werden. Daran arbeiten wir.

Welche Ihrer Titel bewerten Sie besonders stark?

Von Activision-Seite aus haben wir insgesamt vier echte potenzielle Hits. Erstens "Tony Hawk's Underground". Speziell bei der PS2-Version besteht die Möglichkeit, das eigene Gesicht zu integrieren, was auch im Hinblick auf die Zielgruppenerweiterung ein interessantes Feature ist. Jeder kann sein eigener Superstar in dem Spiel sein. Mit "True Crime - Streets Of L.A." haben wir ein Spiel, um das ein unglaublicher Hype existiert. Je nach aktueller Coverage nimmt es Platz eins oder zwei aller Most-Wanted-Listen ein. Auch gibt es im Genre bisher kaum Konkurrenz. Mit "Empires - Die Neuzeit" haben wir dann einen hervorragenden Strategietitel von Rick Goodman im Programm, dem Macher von "Empire Earth". "Empires: Die Neuzeit" ist für uns ein Longrunner, der ebenfalls von der überschaubaren Konkurrenzsituation im Strategiegenre profitieren wird. Last but not least haben wir mit "Call Of Duty" ein atmosphärisch einzigartiges Spiel. Das wird sich auch in der Presse widerspiegeln.

Hinzu kommen die Titel von LucasArts …

Auch von LucasArts haben wir sehr starke Titel für das diesjährige Saisongeschäft. Da wäre einmal für November die PC-Version von "Star Wars: Knights Of The Old Republic". Electronic Arts leistet für die Xbox-Version derzeit hervorragende Arbeit. Und mit "Star Wars: Rogue Squadron III - Rebel Strike" veröffentlichen wir die Fortsetzung eines der erfolgreichsten GameCube-Starttitel. Schließlich bringen wir mit "Star Wars Galaxies: An Empire Devided" das im Moment erfolgreichste Onlinegame nach Deutschland. Der Erfolg in den USA war die Basis für die Entscheidung, das von Sony Online entwickelte Spiel auch in Europa zu vermarkten. Ich bin sehr gespannt, wie sich ein solches Spiel in Deutschland verkaufen lässt.

Trotzdem gibt es insgesamt viele starke Titel im Weihnachtsgeschäft, die alle Platz auf der begrenzten Fläche im Handel beanspruchen. Mit welchen Mitteln geht Activision in den "Kampf" um die Fläche?

Gute Produkte verkaufen sich immer. Und der Handel hat ein sicheres Gespür dafür, welches Produkt gut ist. Darüber hinaus kooperieren wir mit Handelspartnern, insofern dies für beide Seiten lohnenswert ist. Mit unserer Dekokampagne stellen wir zudem sicher, dass wir ein gutes Erscheinungsbild am PoS haben. Auf der anderen Seite muss sich natürlich auch der Handel stärker einbringen.

Inwiefern?

Mir kommt das Grauen, wenn ich sehe, wie in einigen Outlets die Top-20-Regale "gepflegt" werden. Wichtige Produkte fehlen, oder es werden ganz andere Titel präsentiert als ausgewiesen. Wenn ein Toptitel nicht verfügbar ist, ist es natürlich ein Fehler der Industrie. Ansonsten kann es aber doch nicht so schwer sein, Titel nachzulegen oder nachzuordern.

Trifft das nicht auf das gesamte Sortiment zu?

Ich spreche noch nicht einmal über die gesamte Fläche. Der Topsellerbereich ist ein Schlüsselfaktor, der bei einer besseren Pflege einen Mehrabsatz von fünf bis zehn Prozent ermöglicht. Im Weihnachtsgeschäft sind die Käufer von Spielen oft nicht die User, da braucht es eine Orientierungshilfe. Ich würde mich sehr freuen, wenn der Handel in der "heißen" Phase mehr Aufmerksamkeit auf die Top 20 legte.

Die Handelsstruktur hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Speziell der Facheinzelhandel, der genau diese Beratung leisten könnte, hat massiv abgebaut. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Die Elektronikfachmärkte werden einfach größer. "Geiz ist geil", das sagt alles, da gehen die Leute hin. Es tut mir in der Seele weh, wenn ich sehe, wie die Independenthändler vor die Hunde gehen. Auch weil wir nicht nur reine Massenmarktprodukte im Sortiment haben, sondern ebenso Titel für Kenner und so genannte Zocker.

Was sind die Ursachen für das "Sterben" des Facheinzelhandels?

Es gibt viele Faktoren, von denen einer beispielsweise die Mieten sind. In Großstädten kann sich fast niemand mehr ein Outlet leisten. In der Folge muss ein Händler an die Peripherie gehen. Es ist jedoch schwierig, sich dort als Opinionleader zu behaupten. Spezielle Angebote könnten da eine wichtige Rolle spielen. So haben wir für "Call Of Duty" ein spezielles Packaging geplant. Es gab zwar Überlegungen, diese Sonderversion nur einem bestimmten Kundenkreis anzubieten - dem Independenthandel -, letztlich haben wir uns aber dagegen entschieden, da es für den Spieler sehr schade wäre, die Sonderedition nur in diesen wenigen Outlets beziehen zu können.

Motivation war aber die Stärkung der Facheinzelhändler.

Ja. Wir haben in der Vergangenheit derartige Aktionen gefahren, etwa mit "Vampires: Die Maskerade - Redemption". Dies kam bei Presse und Gamern gleichermaßen gut an. Nur sind wir mit den Stückzahlen auf die Nase gefallen. Es ist sehr schwierig, die Stückzahlen richtig einzuschätzen, speziell die Frage, welcher Händler tatsächlich wie viele Units verkaufen kann. Gleichzeitig ist der Kostenaufwand immens und das Risiko zu groß. Zudem bestehen Sinn und Zweck solcher Added Values immer auch darin, dass der Kunde das Produkt kauft und nicht kopiert. Dies geht verloren, wenn er es nicht überall findet.

Mit Nokia betritt ein neuer Plattformanbieter den Markt. Wie schätzen Sie N-Gage ein?

Prinzipiell ist die Softwareindustrie für jeden Hardwarelieferanten dankbar. Für Activision Deutschland ist Nokia und N-Gage derzeit noch kein echtes Business. Es ist ein Add-On-Business, das wir zwar über Lizenzverträge, aber nicht als Entwickler nutzen. Im Unterschied zu Konsole oder PC können wir aber nicht selbst Produkte produzieren und verkaufen, das macht Nokia direkt.

Wie stehen die Chancen für N-Gage?

Ich sehe das Potenzial für die Zukunft, für das nächste Gerät. N-Gage ist der erste Schritt, der für Nokia einen Lernprozess darstellt, auch im Hinblick auf den Support der Softwareanbieter. Ein geschlossenes System wird nicht erfolgreich sein. Auch Nintendo hatte so angefangen: Erst als man sich den Third Partys öffnete, ist der Game-Boy-Markt "explodiert". Im Moment liegt für uns der Vorteil darin, dass wir unsere Brands auf einer weiteren Plattform herausbringen, die Verkäufe können wir jedoch nicht direkt beeinflussen.

Welche Bedeutung hat es für Activision, neben der wirtschaftlichen, seine Brands auf möglichst vielen Plattformen zu veröffentlichen?

Die neuen Plattformen, die jetzt aufkommen, zeigen, dass Softwarefirmen wie Activision eigentlich keine reinen Softwarefirmen mehr sind. Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir mehr und mehr als Medienfirma agieren. Wir produzieren Inhalt, der über die verschiedensten Geräte genutzt wird: über Computer und Fernseher bis hin zu tragbaren Geräten wie GBA, PDAs und jetzt eben auch Telefone. Heutige Spiele sind nicht mehr nur einfache Games. Es gibt extravagante Soundtracks und Videos. Die Verschmelzung verschiedener Produkte ist Realität.

Spielt Musik bei Activision-Games zunehmend eine Rolle?

Wir haben in den USA zwei Angestellte, die sich ausschließlich mit Musik beschäftigen. Sie sind dafür zuständig, die richtige Musik zu unseren Spielen zu finden oder sie notfalls in Auftrag zu geben. Das Resultat ist beispielsweise bei "True Crime - Streets Of L.A." zu hören: Weltbekannte Künstler wie Snoop Doog oder Ice Cube haben exklusiv für dieses Game Songs komponiert! Ein weiteres Beispiel: Dem kommenden Actiongame "Call of Duty" wird eine spezielle Audio-CD, ein Sampler mit ausgewählten Musiktracks aus dem Spiel, beiliegen.

Sie sagten, Sinn und Zweck solcher Added-Value-Angebote sei es, die Kunden zum Kaufen zu bewegen und vom Kopieren abzuhalten. Wie sieht es mit dem Kopierschutz auf Ihren Produkten generell aus?

Bei Konsolenprodukten ist Copy Protection immer ein Problem, da sie von den First Partys anerkannt werden muss. Seit "Star Wars: Jedi Knight - Jedi Academy" verfügt jedes PC-Produkt von Activision über einen Kopierschutz, plus Key-Code. Das funktioniert ganz gut.

Sind die Preise für Games ausschlaggebend für die hohe Kopierquote?

An der Preisstruktur können wir kaum etwas ändern. Die Entwicklungskosten steigen eher, als dass sie sinken. Die Produkte werden aufwendiger, auch im Hinblick auf Lizenzkosten oder die Integration von guter Musik. Da die Stückzahlen nicht oder nur langsam ansteigen, können wir die Preise nicht im Gegenzug senken. Ich glaube, die Konsumenten sind auch bereit, den Preis zu zahlen. Sie sehen es nur nicht ein, wenn die Qualität des Produkts zu wünschen lässt oder sie mehr Value haben wollen.

Die GVU meldet derzeit einen Erfolg nach dem anderen. Das hat erhebliche Unruhe in die Szene gebracht. Verhindert dies möglicherweise einige Kopiervorgänge?

Eine gewisse Unruhe ist natürlich sehr gut. Auf diese Weise nimmt auch die Öffentlichkeit wahr, was in unseren Märkten passiert. Vielleicht denken die Leute jetzt ein- oder zweimal mehr darüber nach, was sie machen. Dass sich grundsätzlich etwas an der Problematik ändert, glaube ich aber nicht, zumal die GVU auch in der Vergangenheit Erfolge erzielt und gute Arbeit geleistet hat. Es wurde nur nicht in der Form bekannt gemacht.

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