In einem für die Branche eher schwierigen Jahr har JoWooD erfolgreich expandiert. GamesMarkt.de sprach mit Wilhelm Hamrozi, Vorstand/ COO, und Volkmar Hadan, Geschäftsführer der Vertriebstochter Leisuresoft, über das vollbrachte Kunststück sowie die Zukunftsaussichten für 2002.
GamesMarkt.de: JoWooD hat 2000 massiv expandiert. Wie ist JoWooD heute aufgestellt?
Wilhelm Hamrozi: JoWooD vor und nach dem Börsengang ist nicht mehr vergleichbar. Vor dem Börsengang war JoWooD eine One-Product-Company mit einigen Entwicklern und drei, vier Leuten im Publishing. Mittlerweile ist JoWooD ein Unternehmen mit rund 270 Mitarbeitern, das in allen Bereichen der Gamesindustrie von der Entwicklung zum Publishing bis hin zur Distribution tätig ist. Im Bereich der Entwicklung arbeiten in fünf Studios rund 120 Personen, ferner betreuen unsere Producer zahlreiche Projekte von externen Entwicklungsstudios. Insgesamt entstehen bei JoWooD zur- zeit circa 30 neue Titel. Das Marketing ist für jeden Publisher von zentraler Bedeutung, daher haben wir eigene Marketingniederlassungen in Deutschland, England, Japan und den USA eingerichtet; diese wiederum arbeiten jeweils mit lokalen Distributionspartnern zusammen. In unserem Heimmarkt, dem deutschsprachigen Raum, halten wir es für notwendig, unsere eigene Distribution (Leisuresoft und in Österreich Dynamic Systems) zu führen und auch den direkten Kontakt zum Handel zu pflegen. Grundsätzlich haben wir jetzt die Struktur im Unternehmen geschaffen, um mit der jetzigen Organisation noch einmal kräftig organisch wachsen zu können.
GM: Ist eine weitere Expansion für 2002 geplant?
Hamrozi: Für das Jahr 2002 planen wir konkret, noch einige Marketingbüros zu eröffnen. Frankreich und ein skandinavisches Büro sind sehr nahe liegend.
GM: Welche Bedeutung haben "Output"-Deals wie bspw. mit Phenomedia AG für die langfristige Unternehmensplanung?
Hamrozi: Wir werden diesen Bereich in den kommenden Jahren weiter ausbauen, da er für uns einen eindeutigen Wachstumsschub bedeutet. Ferner werden die bereits vorhandenen Kapazitäten weiter forciert und Synergieeffekte können besser ausgeschöpft werden.
Neue Output-Deals im nächsten Jahr
GM: Sind weitere "Output-Deals" vorgesehen?
Hamrozi: Ja, es ist jedoch noch zu früh, um Einzelheiten zu nennen.
GM: 2001 war nicht gerade ein einfaches Jahr für die Branche. Inwieweit war bzw. ist JoWooD von den Marktgegebenheiten betroffen?
Hamrozi: Insgesamt ist das Jahr 2001 für uns nicht schlecht gelaufen. Wir haben unsere internationale Expansion erfolgreich vorantreiben können. Zugegeben, vom deutschen Markt haben wir uns etwas mehr erwartet, allerdings konnten wir dafür im restlichen Europa und vor allem in den USA wesentlich besser als erwartet performen.
GM: Über das Jahr sind die Umsätze von JoWooD deutlich gestiegen. Wie begründen Sie diese positive Entwicklung?
Hamrozi: In der Vergangenheit haben wir über 75 Prozent unseres Umsatzes im deutschsprachigen Raum erwirtschaftet. Dies hat sich sehr stark verändert. Mittlerweile liegt der Umsatz, den wir in Deutschland erzielen, deutlich unter 30 Prozent. Unser Wachstum kommt aus zwei Hauptbereichen: zunehmende Internationalisierung des Unternehmens sowie eine höhere Produktanzahl als in der Vergangenheit.
GM: Wie stark sind die Zahlen von JoWooD durch die Expansion beeinflusst?
Hamrozi: Wie in jedem Wachstumsunternehmen schlägt sich die Expansion natürlich auch auf die Zahlen und Kosten nieder - allerdings sind wir trotzdem deutlich profitabel.
GM: Die Spielefirmen haben unter den jüngsten Entwicklungen des Neuen Markts stark gelitten. Wie groß ist JoWooDs Vorteil, an der Börse in Wien notiert zu sein?
"Gamessektor wird interessanter"
Hamrozi: Zum damaligen Zeitpunkt war es sicher eine gute Entscheidung, den Börsenplatz Wien zu wählen. Vorteil ist hier eine Diversifizierung der Risiken, da am Börsenplatz Wien nicht so große Kursschwankungen auftreten. Der Nachteil ist jedoch, dass auch Wachstumsschübe nur moderat mitgemacht werden. In der künftigen Unternehmensentwicklung wird der Börseplatz mit Sicherheit einmal zur Diskussion stehen.
GM: Für 2002 wird eine Entspannung der allgemeinen Marktsituation vorausgesagt. Betreffen die positiven Prognosen nur den Konsolenmarkt oder auch das PC-Games-Geschäft?
Hamrozi: Generell wird der gesamte Gamessektor im nächsten Jahr wieder wesentlich interessanter. Allein durch den Einstieg von Microsoft kommen zusätzliche Gelder und vor allem auch Publicity in die Industrie, von der jeder profitieren wird. Ob der Konsolenmarkt wirklich schon so erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Sollte es jedoch der Fall sein, wird sich diese positive Stimmung auch auf den PC-Markt übertragen.
GM: Welche Erwartungen hat JoWooD für das Jahr 2002?
Hamrozi: Wir glauben an ein gutes Jahr 2002, wir rechnen mit einem deutlichen organischen Wachstum sowohl beim Umsatz wie auch bei den Erträgen. Wir haben für das kommende Jahr ein viel besseres, ausgewogeneres Produktportfolio, und wir sind vor allem international wesentlich besser aufgestellt als noch zu Beginn dieses Jahres.
GM: Welche strategischen Weichen werden Ihrer Meinung nach 2002 zu stellen sein?
Hamrozi: Wir werden entscheiden müssen, auf welches Konsolenformat wir mittelfristig setzen, aber auch, was der nächste größere Schritt für JoWooD sein muss.
Entscheidung im Konsolenmarkt fällig
GM: Seit der Übernahme von Leisuresoft vertreibt JoWooD seine Produkte in Deutschland selbst. Gleichzeitig arbeitet Leisuresoft auch für andere Unternehmen. Wird sich Leisuresoft auch 2002 um weitere Vertriebsdeals bemühen?
Volkmar Hadan: Natürlich. Wir haben eine leistungsfähige Organisation, die noch Platz hat, um auch für andere Anbieter einen hervorragenden Job machen zu können.
GM: Inwieweit bietet der JoWooD-Konzern potenziellen Vertriebspartnern einen Full-Service-Vertrieb gleichzeitig in mehreren Ländern über das Gespann Leisuresoft/Dynamic Systems an?
Hadan: Wir sind in der Lage, mit unseren Distributionsunternehmen den gesamten deutschsprachigen sowie den gesamten osteuropäischen Raum abzudecken. Unsere Organisationen sind eigene Profit-Center mit unterschiedlichen Möglichkeiten, das heißt, wir können vom individuellen Service bis hin zum Full-Service-Vertrieb, inklusive Manufacturing und Marketing, alles anbieten.
GM: Bedeutet ein weiterer Ausbau des JoWooD-Portfolios nicht automatisch eine Beschränkung potenzieller Leisuresoft-Partner?
Hadan: Nein, denn beides geht Hand in Hand. Wichtig ist hierbei, sicherzustellen, dass der Vertrieb über genügend Produkte für die Distribution verfügt. Dabei ist es erst einmal zweitrangig, ob diese Produkte von den JoWooD-eigenen Studios oder von Leisuresoft-Partnern kommen.
GM: Neben der Industrie hatte auch der Handel in Deutschland schwer zu kämpfen. Wie beurteilen Sie die Veränderungen im deutschen Spielehandel?
Hadan: Die letzten Monate waren nicht nur für die Industrie, sondern auch für den Handel sehr schwer. Der reine Durchverkauf der Produkte beschränkte sich auf wenige Highlights, sodass der breite bzw. kontinuierliche Umsatz wegblieb. Welche Auswirkungen sich für den Handel in Bezug auf den Fall der Rabattgesetze und Zugabenverordnung ergeben, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen.
GM: Wie gestaltet sich die heutige Zusammenarbeit mit dem Handel im Vergleich zu vor zwei Jahren?
Hadan: Wir stellen fest, dass beim Handel eine Art Vorselektierung stattfindet. Das heißt, der Handel achtet beim Einkauf der Spiele mehr auf Produktqualität, Abverkaufschancen und Pricing. Dies hat zur Folge, dass es schwieriger geworden ist, so genannte B- und C-Produkte in entsprechenden Stückzahlen beim Handel zu platzieren. Dieser Trend hat sich erst in den letzten zwei Jahren entwickelt und setzt sich immer weiter fort.
"Der Handel selektiert vor"
GM: Rabattmodelle nach dem in den USA und UK gängigen Prinzip "Buy two, get one free" gibt es bis dato nicht. Warum?
Hadan: Hier ist eine unterschiedliche Mentalität der Kunden zu beobachten - wir haben festgestellt, dass der deutschsprachige Kunde sehr anspruchsvoll ist und in sehr vielen Fällen genau weiß, was er erwerben möchte. In den USA und in Großbritannien dagegen kann man sehr viele Kunden durch Lockangebote etc. überzeugen. Zurzeit können wir uns nicht vorstellen, welches Modell dieser Art für den deutschen Handel sinnvoll sein könnte. Wenn es jedoch vernünftige Vorschläge gibt und man damit neue Kundengruppen ansprechen kann - warum nicht?
GM: Die Bedeutung von Category Management steht außer Frage, jedoch wird CM in der Praxis oft sehr unterschiedlich definiert. Was ist effektives Category Management für Sie und wie kann es umgesetzt werden?
Hadan: Ein sehr umfangreiches Thema. CM beginnt bereits bei der Produktauswahl, setzt sich fort über die Warenpräsentation bis hin zur Frage, welchen Kunden man ansprechen möchte. Fakt ist, wenn ich heute in eine große Softwareabteilung gehe und kein Insider bin, weiß ich nicht, was und wo ich suchen soll und vor allem, welches Produkt das richtige für mich ist. Es gilt hier sicherzustellen, dass der Kunden möglichst einfach in kürzester Zeit viel Information und eine faire Preis-Leistungs-Beurteilung bekommt. Wenn wir jetzt ins Detail gehen, müssen wir uns die Frage stellen: Wie trennen wir in Genres, in Preisgruppen usw.? Zurzeit überlegen wir uns verschiedene Möglichkeiten und Strategien, wie wir das verbessern können, und hoffen, im nächsten Jahr die eine oder andere Idee mit dem Handel umsetzen zu können.
JowooD ist einer der führenden internationalen Publishingpartner für deutsche Entwickler. Ob JowooD seine Strategie 2002 weiter betreiben will, lesen Sie im
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