KIM-Studie 2022: Eltern sind Schwachstelle beim Jugendschutz bei Games
Neben vielen anderen Dingen zeigt die neue Ausgabe der KIM-Studie, dass noch immer ein erheblicher Teil der Eltern Alterskennzeichen wie die USK falsch wahrnimmt, Filterprogramme ignoriert und die Nutzung samt In-App-Käufe nicht einschränkt.
Die Studienreihe KIM (Kindheit, Internet, Medien) untersucht seit 1999 das Medienverhalten der Kinder in Deutschland und fördert in zweijährigen Turnus immer wieder interessante Aspekte zutage. Nicht anders ist es bei der neuen Ausgabe, der KIM 2022, die jetzt vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs), einer Kooperation der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg und der Medienanstalt Rheinland-Pfalz, in Kooperation mit dem Südwestrundfunk (SWR) herausgegeben wurde.
Wie bei der KIM-Studie üblich geht es den Autor:innen weniger um eine Wertung, als um eine Darstellung der Mediennutzung. Trotzdem lässt sich zusammenfassen, dass gerade beim Kinder- und Jugendschutz im Bereich Internet und Games eine offene Flanke besteht und zwar Eltern. Die herausgebenden Gesellschaften selbst sprechen von einem "ambivalenten Verhältnis", das Eltern zur Mediennutzung ihrer Kinder hätten. So dürften 48 Prozent der Sechs- bis 13-Jährigen allein ins Internet. Dabei sehen 86 Prozent der Eltern die Chancen für ihre Kinder neues zu lernen. Gleichzeitig würden aber auch 80 Prozent der Aussage zustimmen, dass das Internet Gefahren berge. 68 Prozent würden trotzdem keine technischen Hilfsmittel zum Schutz vor ungeeigneten Inhalten nutzen. Und nur ein Drittel der Eltern prüfen, wie lange ihr Kind am PC, Laptop, Tablet, Handy oder der Spielkonsole sitzt.
Auch wenn die Mediennutzung der Kinder in Deutschland problematische Aspekte aufweist, zeigt die fast 90 Seiten lange Studie zeigt auch, dass die Mediennutzung zwar fester Bestandteil im Alltag, aber nicht das allein bestimmende Thema ist. Die beliebtesten drei Freizeitaktivitäten der Sechs- bis 13-Jährigen sind nach wie vor Freunde treffen, draußen Spielen und Sporttreiben (Jungen) bzw. etwas mit den Eltern/der Familie unternehmen (Mädchen). Erst dann und mit Abstand folgen die ersten medialen Aktivitäten wie Fernsehen (Mädchen) oder Digitale Spiele (Jungen).
Fokussiert man die Ergebnisse, welche die KIM 2022 im Bereich Digitale Spiele erbringt, zeigt sich beispielsweise 71 Prozent der Sechs- bis 13-Jährigen Spiele auf dem Smartphone eher allein spielen. Nur vier Prozent spielen eher gemeinsam mit den Eltern. Auch wenn es um das Spielen an PCs und Konsolen geht, sind 44 Prozent eher allein und nur fünf Prozent eher mit ihren Eltern zugange. Bei den PC- und Konsolenspielen nimmt insbesondere das Spielen mit Freunden (29 Prozent) und mit Geschwistern (zehn Prozent) eine große Bedeutung ein.
Blickt man generell auf die Nutzung von Digitalen Spielen zeigt die KIM-Studie, dass nur 29 Prozent der Sechs- bis 13-Jährigen gar nicht spielen. Der Wert nimmt dabei mit zunehmendem Alter rapide ab. Während es bei den Sechs- und Siebenjährigen noch 50 Prozent sind, die nicht gamen, liegt der Anteil bei den Zwölf- und 13-Jährigen bei nur noch 15 Prozent. Einen geschlechtsspezifischen Unterschied gibt es ebenfalls, allerdings ist dieser weit weniger ausgeprägt, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Aktuelle geben beispielsweise 15 Prozent aller Mädchen und 30 Prozent aller Jungen an, täglich zu spielen. 33 Prozent der Mädchen und 40 Prozent der Jungen spielen mindestens wöchentlich, 15 Prozent der Mädchen und acht Prozent der Jungen seltener.
Die am weitesten verbreitete Spielplattform bei den Kindern ist das Smartphone. Jeweils 30 Prozent gaben an, das Mobiltelefon entweder täglich oder mindestens wöchentlich zum Spielen zu nutzen. Konsolenspiele werden von 14 Prozent täglich, von 41 Prozent mindestens wöchentlich genutzt, PC-Spiele von elf Prozent täglich und 34 Prozent wöchentlich.
Bei der Frage nach den beliebtesten Spielen wurden insgesamt 587 verschiedene Titel genannt. Am häufigsten wurden "Minecraft", "FIFA" und "Fortnite" genannt. Bereits ab Platz vier, in diesem Jahr "Mario Kart", liegen die Nennungen jedoch so eng beisammen, dass kein eindeutiger Trend mehr zu erkennen ist.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Autor:innen der Studie die Kinder auch nach der Wahrnehmung der USK-Kennzeichnungen fragen. 69 Prozent der Kids gaben dabei an, die Kennzeichen bemerkt zu haben, wobei auch hier der Anteil mit dem Alter steigt. Bei den Zwölf- und 13-Jährigen wissen über 80 Prozent der Kids, dass es die Kennzeichen gibt. Doch das heißt nicht unbedingt, dass sie sich auch immer daran halten. 45 Prozent aller Kinder gaben an, schon einmal ein Spiel gespielt zu haben, das nicht für ihr Alter freigegeben wurde. Die Frage, ob sie schon einmal ein Spiel gespielt haben, dass Ihnen Angst gemacht hat, beantworten jedoch nur fünf Prozent mit "Ja".
Und aufseiten der Eltern? Dort geben zumindest 73 Prozent der Befragten an, die USK-Siegel zu kennen. 48 Prozent empfinden sie zudem als sehr hilfreich, weitere 40 Prozent als eher hilfreich. Gerade Eltern jüngerer Kinder empfinden die Kennzeichnungen als relevanter. Doch es gibt hier auch ein großes "Aber". Denn 44 Prozent der Eltern denken laut der KIM-Studie, dass es sich bei der Altersbeschränkung um eine pädagogische Empfehlung handelt. Nur ein Drittel weiß, dass mit der Alterskennzeichnung auch eine Verkaufserlaubnis einhergeht. Was den Digitalverkauf betrifft, sagen immerhin 43 Prozent der Eltern, dass sie auch beim Digitalkauf auf die Altersbeschränkung achten.
Nicht wirklich besser sieht es bei der Nutzung technischer Lösungen aus, um die Mediennutzung beispielsweise im Internet zu steuern. Nur ein Drittel der befragten Eltern geben an, Filterprogramme zum Schutz vor ungeeigneten Inhalten zu nutzen und nur ein Viertel nutzt technische Möglickeiten, um die Nutzungsdauer zu beschränken. Etwas besser, aber noch lange nicht gut, ist das Resultat, wenn es um die Freigabe von In-App-Käufen geht. Immerhin 42 Prozent der Eltern haben diese Möglichkeit für ihre Kinder gesperrt. 46 Prozent verneinen dies jedoch und sieben Prozent wussten gar nicht, dass dies möglich ist. Etwa acht Prozent der Eltern sagt, dass durch In-App-Käufe schon einmal ungeplante Kosten entstanden sind.