Am 4. September fand an der Hochschule Trier die Auftaktveranstaltung der Initiative Game Up! statt, die durch die Landesregierung Rheinland-Pfalz gefördert wird. Über die Entstehung und weiteren Pläne der Initiative sprach GamesMarkt mit der Mitinitiatorin Prof. Dr. Linda Breitlauch.

Game Up! wurde gemeinsam von Ihnen, dem Land Rheinland-Pfalz und Dr. Klaus Kobek, Geschäftsführer der IMG Innovations-Management GmbH, entwickelt. Wie kam es zu dieser Initiative?

Seit vielen Jahren ist mir die positive Entwicklung der deutschen Computerspielbranche außerordentlich wichtig. Nicht nur in Rheinland-Pfalz, in der gesamten Bundesrepublik steht die Branche vor mannigfaltigen Herausforderungen. Nicht zuletzt in ihrer zunehmend erkannten Rolle weit über die eigene Branche hinaus als Katalysator für die Industrie 4.0. Die Unterstützung und Begleitung von Gründern und bestehenden Unternehmen durch die Politik, durch vertrauensvolle Verbandsarbeit und enge Kooperationen, insbesondere auch mit den Hochschulen, ist in meinen Augen maßgeblich und einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren. Der Kontakt zur rheinland-pfälzischen Landesregierung und zur Wirtschaftsministerin Lemke kam durch eine Delegationsreise nach China vor einem Jahr zustande. Rheinland-Pfalz hatte offensichtlich längst den Stellenwert der Gamesbranche erkannt und Gespräche haben sehr schnell die gemeinsamen Ziele aufgezeigt. Game Up! war der erste logische Schritt dazu. Dr. Klaus Kobekist ein wertvoller Impulsgeber und Berater mit weitreichender Erfahrung und dem erklärten Willen, positiv für Rheinland-Pfalz zu wirken. Für den zielgerichteten Austausch und die produktive Zusammenarbeit danke ich ihm sehr. Das Engagement von Rheinland-Pfalz wird durch die IMG Innovations-Management GmbH kanalisiert. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Die IMG hat primär die Aufgabe, durch Maßnahmen des Technologietransfers und des Innovationsmanagements die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere mittelständischer Unternehmen mit Sitz in Rheinland-Pfalz zu stärken. Eine wichtige Aufgabe hierbei ist es, den Transfer wissenschaftlicher Forschungsergebnisse von der Wissenschaft in die rheinland-pfälzische Wirtschaft zu beschleunigen.

Wie lange dauerte es von der Idee der Initiative bis zur Andockung an die Hochschule Trier?

Ich erinnere mich noch an den Hochschulatlas im GamesMarkt. Als Rheinland-Pfalz porträtiert wurde, war der Studiengang Digitale Medien und Spiele (DMS) im Fokus, einer, wenn nicht der, mit über 600 Studierenden der größte Studiengang für Spieleprogrammierung in Deutschland. Im Studiengang Intermedia Design lehren wir Konzeption und Design mit einem transmedialen Ansatz. Game Design ist dabei ein Schwerpunkt - neben Hypermedia, Crossmedia, Medientheorie und narrativen AV-Medien. Uns ist dabei der interdisziplinäre Ansatz innerhalb der Studiengänge sehr wichtig. Deshalb habe ich zusammen mit dem Kollegium des Studiengangs Intermedia Design und meinem Kollegen Prof. Dr. Rezk-Salama aus dem Studiengang DMS eine Kooperation hinsichtlich gemeinsamer Projektentwicklungen gestartet. Daraus ist eine bemerkenswerte Anzahl von Team entstanden, die an vielen spannenden Projekten erfolgreich arbeiten. Letztlich war dies der Ausgangspunkt. Jedoch gab es zu viele erfolgversprechende Teams, die sich nicht als neuer Indie-Developer gegründet haben. Ich hab mich gefragt, warum daraus so wenig Start-ups entstanden sind. Viele Teams haben geäußert, dass ihnen sowohl eine Startfinanzierungsunterstützung als auch das Netzwerk fehlt. Es ist ihnen klar, dass eine Gründung umso erfolgreicher ist, wenn sie auf Unterstützung im Bizdev, juristische Erstberatung, Monetarisierung, Finanzierung und so weiter zurückgreifen können. Deshalb war es uns so wichtig, zuerst ein funktionierendes Netzwerk zu etablieren. Vom ersten Gedankenaustausch bis zum Start von Game Up! Rheinland-Pfalz hat es weniger als ein Jahr gedauert.

Waren viele Hürden auf dem Weg dorthin zu überwinden?

Ich kann nicht beurteilen, welche Prozesse in einem Ministerium notwendig sind, um eine solche Initiative zu unterstützen. Mein Eindruck war viel mehr, dass der politische Wille und die Überzeugung, dass viel Potenzial in der Branche und in Rheinland Pfalz steckt, mögliche Hürden gar nicht erst aufkommen haben lassen. Wir arbeiten sehr eng und kooperativ zusammen. Mein besonderer Dank geht auch an Frau Krupinski und Herrn Saborowski aus dem Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung für ihr unschätzbares Engagement für Game Up! Dass wir dabei auf Unterstützung der gesamten bundesdeutschen Branche zählen können, hat uns sehr gefreut. Ein besonderes Anliegen ist es uns, dass wir über Rheinland-Pfalz hinaus den Blick auf den internationalen Standortwettbewerb richten.

Wie haben Sie es schließlich geschafft, was gab den Ausschlag?

Rheinland-Pfalz hat eine sehr lebhafte und erfolgreiche Kreativlandschaft. Die stellvertretende Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke hat sowohl die Chancen der Digitalisierung als auch die Potenziale der Gamesbranche deutlich erkannt. Da mir selbst seit Jahren das Thema Ausbildung, Vernetzung mi t Industrie, Förderung, und Professionalisierung sehr wichtig sind, war es eher ein offensichtlicher Schritt. Natürlich ist mir vor allem wichtig, gut ausgebildete Fachkräfte der Hochschulen und Universitäten auch in Deutschland, in Rheinland-Pfalz halten zu können. Zusätzlich ist es erforderlich, dass Unternehmen, die bereits in Rheinland-Pfalz ansässig sind, wie beispielsweise Kalypso Media Group (Worms), Envision Entertainment (Ingelheim) und Blue Byte Studio Mainz Related Design (Mainz), eine Anlaufstelle für gemeinsame Projekte, Recruiting, aber auch der Vernetzung untereinander, haben. Mit vereinten Kräften werden wir Rheinland-Pfalz entwickeln und gestalten.

Game Up! ist an der Hochschule Trier angesiedelt. Warum dort?

Die Hochschule Trier hat nicht nur hervorragende Studenten und Lehrkräfte, sondern ebenso eine großartige Infrastruktur. Die Initiative erfährt die ausdrückliche Unterstützung des Präsidenten Prof. Dr. Norbert Kuhn. Als Mitinitiator können wir das Projekt von Anfang an optimal unterstützen. Trier steht hier als Metapher für Rheinland-Pfalz. Unser Anliegen ist es, alle Beteiligten in Rheinland-Pfalz und darüber hinaus eine Koordinierungsstelle anzubieten und gemeinsam die Stärke des Netzwerks zu multiplizieren. Mir ist insbesondere daran gelegen, auch die Kollegen der Hochschulen in Rheinland-Pfalz in ihren wertvollen Maßnahmen zu stützen.

Wie sehen die nächsten Schritte und weiteren Pläne aus?

Zuerst werden wir die Anlaufstelle personell ausstatten; die Gespräche dazu finden gerade statt. Wichtig ist, dass wir schnellstmöglich sowohl ein virtuelles als auch ein persönliches Netzwerk etablieren. Geplant ist ein Konzeptwettbewerb für Kreativschaffende, darüber hinaus Mentorenprogramme und die Intensivierung des Austauschs zwischen Nachwuchs und Industrie - so wie es kürzlich durch die Workshops über Gründung, Finanzierung, Pitching und Publishing bereits erstmals stattgefunden hat. Wir werden evaluieren, was der konkrete Bedarf für alle Stakeholder ist, und darauf basierend ein Konzept erarbeiten, welche Förderung für Rheinland-Pfalz ideal wäre. Und diese wollen wir dann umzusetzen.

GAME ist Fachpartner von Game Up! Was bedeutet das, und wie wird sie mit Leben erfüllt?

Die Unterstützung des GAME Bundesverband als Fachpartner ist sehr wertvoll, da das Thema Förderung schon lange ein wichtiges und entscheidendes Anliegen des Verbands ist. Der GAME ist die Verbandsheimat und politische Stimme der deutschen Gamesbranche. Oberstes Ziel des GAME ist es, die deutsche Videospieindustrie zu fördern und optimale Standortpolitik im internationalen Wettbewerb zu unterstützen. Als Game Up! suchen wir aktiv den Austausch, die Bündelung von Interessen und Initiierung gemeinsamer Projekte auch mit weiteren Verbänden und Initiativen wie beispielsweise dem Bitkom, dem eco, dem descom-designforum Rheinland-Pfalz, dem BIU und weiteren. Um es nochmal deutlich zu sagen: Die Film- und Fernsehbranche in Deutschland wird nicht nur mit 300 MillionenEuro jährlich gefördert (ca. zwölf Mio. für die Gamesbranche), sie wird auch anders rezipiert. Ein Beispiel: Seit Jahren werden die Moderatoren des DCP aus der Fernsehlandschaft rekrutiert. You-Tube-Stars werden als "interessantes Phänomen" angesehen, Gamer belächelt. Die politische und öffentliche Wahrnehmung der Gamesbranche hinkt nach wie vor der tatsächlichen Relevanz hinterher. Wenn man sich die Umsätze anschaut, die mit Computerspielen generiert werden, sieht man immer die Konsumenten und erkennt diese als wirtschaftlich relevant. Was in der öffentlichen Diskussion so oft und scheinbar gern übersehen wird, ist, wie herausfordernd die Arbeit in dieser Branche ist. Es werden vielfältige Skills auf mehreren Ebenen benötigt. Und ebenfalls eine hohe Flexibilität, sowohl örtlich als auch zeitlich. Der Begriff "Herzblutbranche" kommt nicht von ungefähr. Es darf bei einer Förderung niemals darum gehen, gießkannenartig etwas auszuschütten und zu hoffen, dass dabei etwas Gutes herauskommt. Eine Förderung ist immer eine Subvention, und damit muss im höchsten Maße verantwortungsvoll umgegangen werden. Damit meine ich nicht - wie das leider in vielen Fördermaßnahmen der Fall ist -, dass der kreative Prozess weitmöglich eingeschränkt wird, z. B. durch Einschränkung der Förderung auf Spiele mit festgelegten Altersfreigaben. In der Filmförderung ist das in solch einem Rahmen nicht vorstellbar. Sicher sollte man sehr genau prüfen, was man fördern will: Wirtschaft, Standort, Kreativität, Kultur. Die Unsicherheit und auch die Diskussionen, die durch den Wechsel des DCP vom BKM zum BMVI entstanden sind, sprechen Bände. Es liegt auch bei der Branche, ihre Bedürfnisse und Zukunftsrelevanz klar und strukturiert zu präsentieren. Wenn wir in Deutschland nicht den Anschluss an maßgebliche Zukunftstechnologien verlieren wollen, ist die Politik gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die auch im internationalen Vergleich bestehen können. Wir brauchen gleiche Vorausetzungen.

Die finanzielle Unterstützung für das Software-/Gamesforum Rheinland-Pfalz von 160.000 Euro im Jahr 2015 und 2016 sei der erste Schritt. Sind denn schon weitere geplant?

Game Up! ist auch Ausdruck des politischen Willens des Landes Rheinland-Pfalz. 160.000 Euro ermöglichen nur einen von vielen Schritten, um Rheinland-Pfalz die Herausforderung an die Zukunftsfähigkeit bestehen zu lassen. Ziel ist es, eine international wettbewerbsfähige und faire Förderstruktur zu etablieren, die Gründer ermutigt, wertschätzt und substanziell unterstützt.

Das Interview  erschien zuerst in der Printausgabe GamesMarkt 19/2015 und wurde  von Harald Hesse (GamesMarkt) geführt.

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