Vier Tage Digitalshows statt einer Woche voller Events und 500.000 Gäste auf der Messe und beim City-Festival - die Pläne von game und Koelnmesse zur digitalen gamescom konkretisieren sich. Im Interview mit GamesMarkt erläutern Tim Endres, Director gamescom der Koelnmesse, und Christian Baur, Leiter gamescom & Events beim game, das Konzept.

Mitte April gaben game und Koelnmesse die Entscheidung bekannt, dass die gamescom 2020 als rein digitales Event stattfinden wird. Wie schwer ist ihnen dieser Entschluss gefallen?

Tim Endres: Die Entscheidung, die gamescom 2020 rein digital zu veranstalten, ist uns natürlich schwergefallen. Es war aber gleichzeitig wichtig, schnell, klar und konsequent zu kommunizieren. Erst haben wir mit Mitte Mai eine Deadline kommuniziert, bis wann auf jeden Fall eine Entscheidung stehen wird. Als dann Bund und Länder beschlossen haben, bis Ende August keine Großveranstaltungen zu erlauben, haben wir unmittelbar alle gamescom-Events vor Ort in Köln abgesagt. Das war uns wichtig, damit alle Partner der gamescom und die Community wissen, woran sie sind. Wir hätten uns zwar sehr gewünscht, die gamescom 2020 vor Ort in Köln zu veranstalten. Angesichts der Entwicklungen und Auswirkungen der Corona-Pandemie ist es mit Blick auf die Gesundheit aller Beteiligten aber richtig, in diesem Jahr auf die gamescom vor Ort in Köln zu verzichten und stattdessen mit aller Kraft eine erfolgreiche digitale Alternative auf den Weg zu bringen.

Christian Baur: Ich kann hier nur zustimmen. Die gamescom ist für viele Menschen eines der großen Highlights im Jahr. Das gilt sowohl für viele Gamerinnen und Gamer in Deutschland und weltweit als auch für die Menschen in der Games-Branche. Daher schmerzt es uns sehr, nicht wie gewohnt Ende August rund eine halbe Million Menschen in Köln zum größten Games-Event der Welt begrüßen zu können. Jetzt, wo die Eckpfeiler des Digital-Konzepts stehen, freue ich mich aber auch sehr auf die gamescom 2020. Gemeinsam mit vielen der Top-Ausstellern haben wir für Ende August ein überzeugendes Paket geschnürt, das kein digitales Trostpflaster ist, sondern einen Blick auf die Zukunft der gamescom gibt.

Damals kündigten Sie einen Ausbau der Opening Night Live und gamescom now an sowie die Entwicklung weiterer Formate. Wie weit sind Sie mit den konzeptionellen Überlegungen? Worauf können sich die Fans weltweit freuen?

Christian Baur: Die gamescom-Fans können sich auf ein volles Programm freuen. Wir verdichten den gamescom Zeitraum auf den 27. bis 30. August. Hier werden alle Inhalte gebündelt: Erstens die Inhalte aller offiziellen gamescom-Partner, egal ob Publisher, Entwickler, Streamer oder Esports-Veranstalter. Zweitens produzieren wir als gamescom eigene neue Formate. Die um Pre- und Aftershow erweiterte gamescom: Opening Night Live wird die gamescom am Donnerstagabend mit zahlreichen Weltpremieren und Ankündigungen eröffnen. Unser neues Format die gamescom: Awesome Indies fokussiert sich ausschließlich auf die spannendsten Ankündigungen und Highlights der Indie-Entwicklerinnen und -Entwickler und schafft hierfür die internationale Aufmerksamkeit. Neben dem ausgeweiteten gamescom studio führen wir neu die gamescom: Daily Show ein. Hier werden täglich die Highlights aus den gamescom-Formaten sowie den Shows und Aktionen der Games-Unternehmen und Partner aufgegriffen und vertieft. Das große Finale bildet dann die gamescom: Best of Show, bei der sowohl die gamescom awards vergeben als auch die vielen Highlights der vorangegangenen Tage unterhaltsam zusammengefasst werden. Alle Inhalte und die Formate befeuern sich gegenseitig, so dass es jede Menge gibt, auf das sich die Fans freuen können und Ende August niemand an der gamescom vorbeikommen kann.

Tim Endres: Im Mittelpunkt steht dabei gamescom now als zentraler Content-Hub. Hier integrieren wir die vielen Inhalte, Shows und Aktionen aller gamescom Partner kombiniert mit einem Terminplan, damit die Spielerinnen und Spieler keines der gamescom-Highlights verpassen. Und das ist nur das Angebot für die Privatbesucher. Im Bereich für Fachbesucher wird es nicht nur für Medienvertreter und Creator ein Angebot auf gamescom now geben, sondern die devcom wird ein digitales Angebot für alle Fachbesucher rund um die Games-Entwicklung umsetzen. Auch wenn wir ohne die Veranstaltung vor Ort in diesem Jahr nicht jede und jeden Einzelnen werden abholen können, so schaffen wir für die gamescom 2020 doch für viele Zielgruppen großartige digitale Formate und gleichzeitig die Rahmenbedingungen für möglichst viele Akteure, damit diese eigene Events und Aktionen zur gamescom 2020 veranstalten können.

Die gamescom ist ja viel mehr als "nur" eine Messe. Köln lebt im August immer eine ganze gamescom Woche inklusive devcom und gamescom Festival. Lassen sich alle Elemente digital transferieren oder gibt es auch Bereiche, in denen eine Digitalversion keinen Sinn ergibt?

Tim Endres: Die gamescom-Woche lebt ganz klar von ihren vielen Events, die ganz unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Dieses 360-Grad-Angebot lässt sich aber nicht vollständig online abbilden. Wir haben intensiv analysiert und mit wichtigen Marktteilnehmern verprobt, bei welchen Vor-Ort-Angeboten es wirklich sinnvoll ist, digitale Alternativen anzubieten. Bei einigen Veranstaltungen wie dem gamescom congress wird es deshalb eine digitale Version geben, während andere Formate wie das gamescom city festival abgesagt werden. Es war uns wichtig, die gamescom 2020 konsequent digital zu denken, stark zu fokussieren, damit die Ergebnisse das gewohnte hohe Qualitätsniveau einer gamescom erreichen und Angebote zu schaffen, die übergreifend und nicht nur von einigen Wenigen genutzt werden.

Wie wird das Konzept Ihrer Meinung nach bei den Fans ankommen und wie werden Sie die gamescom 2020 kommunikativ pushen?

Christian Baur: Auch wenn wir im vergangenen Jahr mit unseren digitalen Formaten bereits Millionen Fans rein online erreicht haben, wird es vielen Fans in diesem Jahr vermutlich so gehen wie uns selbst: Wir werden die einmalige Atmosphäre der gamescom vor Ort in Köln vermissen. Gleichzeitig freuen wir uns aber sehr auf die vielen neuen Shows und digitalen Angebote. Damit wird sich auch Ende August trotz Corona-Pandemie alles um Games und die gamescom drehen. Wir werden viele Ankündigungen, Weltpremieren und Überraschungen erleben. Das wird auch die Fans überzeugen! Damit niemand die vielen Ankündigungen und News verpasst, werden wir die gamescom 2020 natürlich auch mit einer umfangreichen Online-Marketing-Kampagne begleiten.

Eine Messe lebt von den Ausstellern und den gezeigten Produkten. Welche Möglichkeiten haben Firmen, sich an der gamescom 2020 zu beteiligen und mit welcher Nachfrage seitens der "Aussteller" rechnen Sie?

Tim Endres: Viele wichtige Events im Kalender der Games-Branche sind ausgefallen - und das in einem Jahr, in dem die nächste Konsolengeneration startet. Daher haben viele Games-Unternehmen zahlreiche Ankündigungen zu neuen Spielen zu machen und nicht selten fehlt dafür der Rahmen. Hierfür bietet die gamescom in diesem Jahr die perfekte Bühne und zwar sowohl für eigene Events von Publishern, Entwicklern oder anderen Partnern, die in die gamescom eingebunden werden können, als auch für unsere Shows. Daher gehe ich von einer hohen Nachfrage aus, was auch unsere Gespräche mit vielen der Top-Ausstellern der gamescom zeigen, mit denen wir gemeinsam am Digital-Konzept der gamescom 2020 gearbeitet haben.

Unternehmen können auf ganz unterschiedliche Weise Teil der gamescom 2020 werden. Alle offiziellen gamescom-Partner werden Teil des zentralen Hubs gamescom now. Wer spannende Ankündigungen hat, kann in das Programm unserer Shows aufgenommen werden. Wir binden die Inhalte ein, verknüpfen sie mit unseren Formaten und verbreiten sie so. Das schafft zusätzliche Reichweite. Für viele Fachbesucher bietet die devcom in diesem Jahr ein umfangreiches digitales Programm, das von klassischen Sessions über Masterclasses bis hin zum Matchmaking reicht.

Ein wichtiger Aspekt der Messe sind auch die Journalistenkontakte sowie das Engagement von Influencern. Wie binden game und Koelnmesse diese Besucher ein und nutzen sie als Multiplikatoren?

Christian Baur: Für Medienvertreter sowie Creator, also Streamer, Let's Player, Influencer machen wir ein gesondertes Angebot und wir verknüpfen sie mit den Unternehmen. Damit erreichen wir, dass die Inhalte der gamescom-Partner größtmögliche Reichweite bekommen und gleichzeitig exklusive und besonders spannende Inhalte für Medien und Creator bereitgestellt werden.

Noch ist unklar, ob und wann es ein Zurück zur Normalität nach Corona geben wird. Rechnen Sie mit einer nachhaltigen Veränderung des Event- und Messegeschäfts und damit auch der gamescom?

Tim Endres: Die gamescom vor Ort als Treffpunkt der Community und der Branche wird auch in Zukunft unersetzbar bleiben. Die gamescom hat sich und wird sich jedes Jahr digital und auch vor Ort weiterentwickeln. Das ist angesichts des hohen Innovationstempos der Games-Branche ohnehin unabdingbar und eine Chance. Viele Erweiterungen des digitalen Angebots werden wir daher auch in den kommenden Jahren wiedersehen. In diesem Sinne ist die Corona-Pandemie ein zusätzlicher Katalysator für unsere Digitalisierung- und Internationalisierungsstrategie, die wir unter anderem mit der gamescom: Opening Night Live, dem gamescom studio und gamescom now bereits im vergangenen Jahr stark vorangetrieben haben. 2021 wird die gamescom also sowohl physisch als auch mit stark ausgebautem Digital-Programm so erfolgreich sein wie nie.

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Stephan Steininger
Stephan Steininger is Director of Operations and Editor-in-Chief of GamesMarket. As part of the magazine since its inception in 2001, he knows the GSA games industry by heart.
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