Mythos Kulturgut: Drei Thesen zur Zukunft digitaler Spiele als Kultur
Computerspiele sind jetzt Kulturgut! Aber was sind überhaupt digitale Spiele? Und warum sind sie hauptsächlich dann Kulturgut, wenn sie aussehen wie Literatur oder Film? Die Aufwertung des Mediums zur bewahrungs- und förderungswürdigen Kultur wurde nur oberflächlich vollzogen.
Der folgende Text zur Zukunft digitaler Spiele als Kultur von Christian Huberts war bereits in ähnlicher Form bei der Stiftung Digitale Spielekultur zu lesen. Er erscheint hier in drei Teilen mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Stiftung. Den , den .
Damit das gut funktionieren kann, braucht es eine kritische Öffentlichkeit, die über die nötige Kompetenz verfügt, Computerspiele und ihre Inhalte sachlich zu diskutieren und den Diskurs auch aktiv sucht. Initiativen wie die Stiftung Digitale Spielekultur setzen genau an diesem Punkt an und vermitteln grundlegende Diskurskenntnisse und -impulse.
Seit dem Ende der sogenannten "Killerspiel"-Debatte fehlt es aber an kontroverser Energie und inhaltlicher Brisanz. Das wird schmerzlich deutlich, wenn öffentlich über Computerspiele diskutiert wird. Als im Oktober 2013 in der ZDFinfo-Sendung "log in" zum Thema "Sind Games verspielte Lebenszeit?" gestritten wurde, stand die Kritik an digitalen Spielen auf verlorenem Posten, schon allein, weil sie fern davon war, zeitgemäß zu sein. Die Spielerschaft kann aufjubeln, aber der Sieg über den Kulturpessimismus macht blind dafür, dass es tatsächlich viel zu diskutieren und zu kritisieren gäbe. Nur dann eben auf der Höhe der Zeit, mit Interesse am Gegenstand und mit tatsächlichen Argumenten statt kulturkonservativen Allgemeinplätzen. Die Kritik ist gezähmt, dabei braucht es mehr als zuvor eine solide kritische Position, die Computerspiele auf die Probe stellt und zur Entwicklung auffordert.
Wo also eine konservative Spielerschaft einerseits darauf besteht, dass alles beim Alten bleibt, kultiviert die Öffentlichkeit andererseits nur einen kleinen Teil der gesamten Computerspielkultur. Das digitale Spiele jetzt ein Kulturgut sein sollen, ist ein gefährlicher Status Quo, der beiden Seiten recht gibt. Wozu digitale Spiele noch weiterdenken, wenn sie schon kulturell akzeptiert sind? Und wozu unbequeme Computerspiele ernst nehmen, wenn ihre kulturell-pädagogisch wertvollsten Vertreter doch schon erkannt und mit Lob bedacht wurden?
Am Ende können neue Diskussionen aber nur zu einer reicheren Spielkultur führen, die keine Idee von digitalen Spielen vorschnell marginalisiert oder bevorzugt. Ein Kulturgut ist etwas, dass die vielfältigen Facetten einer Gesellschaft widerspiegelt und gehört damit in die Hände aller ihrer Mitglieder. Wird diese Verantwortung angenommen, kann in Zukunft auch der Mythos des Computerspiels als Kulturgut zur Realität werden. Christian Huberts
Über den Autor
Christian Huberts, Diplom-Kulturwissenschaftler, Jahrgang 1982, studierte "Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis" an der Universität Hildesheim. Er arbeitet zur Zeit am Game-Studies-Sammelband "Zwischen|Welten: Atmosphären im Computerspiel". Daneben schreibt er für wissenschaftliche Publikationen und Kulturmagazine Texte über die Partizipation an digitalen Welten, Game Studies und Independent Games. Mehr Informationen gibt es auf seiner Homepage ChristianHuberts.de und in seinem Blog Schauanblog.de.