Die Cause Unity beobachtet die Hochschulen in Deutschland genau. Gegenüber GamesMarkt erklären die Professoren Cordes, Farca und Klöppel von der Macromedia und Zimprich von der IU auch, warum: Wenn durch den Vertrauensverlust in der Branche die Nutzung von Unity sinkt, müsse sich auch der Lehrbetrieb anpassen und anderen Engines den Vorzug geben. Das sei aber eine Frage der Zukunft und noch nicht absehbar.

Dass die möglichen Preismodelländerungen von Unity, bei denen ab einer gewissen Installations- und Umsatzzahl pro installierter Spielversion Kosten für Entwickler:innen aufkommen, auch den Lehrbetrieb an den Hochschulen betreffen könnte, machten diese Woche bereits die Hochschulen Trier und Offenburg klar.

Hochschule Macromedia: "Beträchtlicher Vertrauensverlust"

Nun melden sich auch drei Professoren unterschiedlicher Standorte der Hochschule MacroMedia zu Wort. Auf Anfrage GamesMarkts bestätigen Gerald Farca, Marcus Klöppel und Jan Cordes, alle drei Professoren für Game Design, dass sie die Causa Unity genau beobachten. "Unity war bisher eine von uns favorisierte Engine in der Lehre, da sie gut zugänglich und weit verbreitet ist, aber wir haben auch andere Engines mit den Studierenden auf ihre Stärken und Schwächen hin betrachtet. Wichtig für unsere Studierenden ist am Ende, die passende Engine für ihre Spiele auswählen zu können." Dafür sei es wichtig, welche Engines später bei der Studiogründung auch sinnvoll genutzt werden können. "Wir sehen gerne, dass sich unsere Absolventen ausgründen und gute Tools zur Hand haben, Unity war hier bisher immer eine Go-To Engine für junge Entwickler, die wir gerne vermittelt haben."

Das Problem, so die Professoren, wäre bei harter Umsetzung der Runtime Fee weniger der Lehrbetrieb als vielmehr die Unplanbarkeit für die Absolvent:innen, die ausgründen, sich für eine Engine entscheiden und dann die möglichen Kosten eines Spielerfolgs bei Unity-Nutzung einkalkulieren müssen. "Wir verfolgen die Situation mit Unity auch, werden jetzt aber keine voreiligen Entscheidungen treffen. Natürlich ist die Kalkulierbarkeit mit dem Runtime-Fee-Modell für junge Entwickler schwierig. Was ist, wenn sie doch mit einem ihrer Produkte Erfolg haben? Mit welchen Kosten müssen sie dann rechnen? Das neue Konzept von Unity ist nicht so einfach zu greifen, etwaige Kosten kann man nicht gezielt steuern; hieraus entsteht eine gewisse Unsicherheit." Dazu käme der Vertrauensverlust, der bereits von zahlreichen Betroffenen in der Branche beklagt wurde. "Der Vertrauensverlust in der Branche ist leider beträchtlich. Die Nachfrage nach Nachwuchs mit Unity-Fähigkeiten könnte in Zukunft abnehmen - bei gleichzeitiger Nachfragesteigerung nach Personen mit Fähigkeiten in Alternativen wie Unreal oder Godot. Da müssen wir abwarten, und sehen, welche der Engine in Zukunft am geeignetsten für die Ausbildung ist."

Aktuell zieht die MacroMedia aber keine voreiligen Schlüsse. Die gelehrten Engines orientieren sich letztendlich am Markt und den Anforderungen erfolgreicher Entwicklung. Ein Abwenden von Unity findet also noch nicht statt, könnte allerdings folgen, wenn die Bedeutung von Unity als Engine insgesamt in Zukunft sinkt. "Wir orientieren uns in der Ausbildung und Studium auch immer an den Anforderungen des Marktes. Sollte Unity durch Vertrauensverlust weniger für die Entwicklung verwendet werden, müssen wir uns anpassen." Mögliche Alternativen haben Klöppel, Cordes und Farca ebenfalls bereits ausgemacht. Bei Bedarf kann der Lehrbetrieb auf andere Engines umschwenken, allen voran Open-Source-Engines, da bei diesen die Gefahr plötzlicher Nutzbarkeitsänderungen sehr gering ist. "Für die Lehre im Game Design und Development bietet sich auch eine Open-Source-Engine wie Godot an, da sie ähnlichen Konzepten folgt wie andere Engines. Vielleicht benötigen wir die High-End Features der großen kommerziellen Engines (wie Unreal) in der Lehre nicht unbedingt, um die nötigen Konzepte zu vermitteln und ansprechende Spiele zu entwickeln, auch weil wir oft im 2D- und Indie-Bereich Games entwickeln."

IU Internationale Hochschule: "Dialog suchen"

Auch Thorsten Zimprich, Professor und Studiengangsleiter für Game Design an der IU Internationale Hochschule, beobachtet den Fall weiterhin. Er sieht die Hochschulen allegemein momentan als nicht betroffen, da Unity nur ein Tool unter vielen sei und die Ausbildung als solche übertragbar und unabhängig von der Engine. "An der IU unterrichten wir Gamedesign mit dem Fokus auf die berufliche Praxis in den Ausrichtungen Gamedesignhandwerk, Game Art, Game Development und Game Studies. Das bedeutet wir nutzen in unseren Kursen Adobe-Produkte und auch Unity, aber nur als Tools, um die entsprechenden Lernziele zu erreichen." "Als Hochschule haben wir einen eigenen Blickwinkel auf die Situation. Wir bilden Studierende aus, die erst in den kommenden Jahren einen Arbeitsplatz in der Gamesbranche erhalten möchten. Somit ist unsere Sichtweise ein langfristiger Blick in die Glaskugel, um herauszufinden, welche Tools und Fähigkeiten in der Zukunft benötigt werden.", so Zimprich weiter. Was aktuell bei Unity passiert, sei also gar nicht entscheidend, sondern wohin sich die Branche in Zukunft bewege. "Die Pläne von Unity betreffen momentan primär die Entwicklerstudios und nicht die Hochschulen. Für uns ist wichtig, ob Unity auch in Zukunft, neben der Unreal-Engine, quasi der Branchenstandard sein wird." Da der Nutzen von Unity als Tool nicht in Frage steht, weil sich die Qualität der Engine nicht ändert, sondern das Preismodell - sofern es dazu kommt - bleibt bisher auch der Nutzen der Engine für die Abgänger:innen und damit auch für die Hochschule erhalten. "Aktuell wäre meine Einschätzung bezüglich Unity, dass es einen Streit um die geplanten Kosten gibt, aber keine Diskussion über die Qualität und den Nutzen des Tools. Daher sehe ich aktuell noch keinen akuten Handlungsbedarf als Hochschule. Vor allem, weil Unity bereits das eigene Interesse daran gezeigt hat, eine Lösung im Dialog mit den Entwicklerstudios zu finden." Da Unity zuletzt Diskussionsbereitschaft gezeigt habe, solle man als Branche diese Möglichkeit ergreifen und sachlich diskutieren, so Zimprich. "Wir unterstützen natürlich den Wunsch aller Unternehmen der Gamesbranche, dass Unity einlenkt und finanziell stemmbare und faire Konditionen anbietet, aber wir sind als Hochschule in der komfortablen Situation, dass unsere Lernziele nicht an ein einziges Tool gekoppelt sind. Aus Hochschulsicht gibt es demnach keinen Grund zur Panik, sondern lediglich die Hoffnung, dass alle Beteiligten den Druck aus der Kommunikation nehmen und sachlich eine gemeinsame Lösung suchen, die der deutschen Gamesbranche langfristig Sicherheit gibt."

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